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Trotz Lauterbachs Anti-Engpass-Gesetz : Apotheker schlagen Alarm! Werden Medikamente wieder knapp?

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach spricht in diesem Winter von einer stabileren Arzneimittelversorgung. Das sehen Apotheker anders und warnen. In vielen Apotheken fehlen wichtige Medikamente. Drohen erneut Engpässe?

Apotheken schlagen Alarm: Bestimmte Medikamente sind nicht lieferbar. (Foto) Suche
Apotheken schlagen Alarm: Bestimmte Medikamente sind nicht lieferbar. Bild: picture alliance/dpa | Sven Hoppe

Die prekäre Lage in der Medikamentenversorgung hat im Winter 2022 unter anderem Eltern große Sorgen bereitet. Fiebersäfte oder Hustensäfte waren Mangelware in Apotheken. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht die Lage aber in diesem Herbst und Winter nicht so angespannt. Zuvor leitete er Maßnahmen ein. Apothekern reicht das nicht. Sie schlagen Alarm.

Nach Medikamentenengpässen: Karl Lauterbach zählt in diesem Winter auf eine stabilere Versorgung

Eltern können aus Sicht von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in diesem Winter auf eine stabilere Arzneiversorgung für ihre Kinder zählen - auch mit gegenseitiger Rücksichtnahme. "Wir sind deutlich besser aufgestellt als im letzten Jahr", sagte der SPD-Politiker am Donnerstag, 14. September, nach einem Gespräch mit Vertretern von Apotheken, Ärzten und Herstellern in Berlin. Die Produktion etwa von Schmerzmitteln, Fiebersäften und Antibiotika habe im Vergleich zum Winter 2022 deutlich gesteigert werden können. Wenn nun keine große Infektwelle komme, werde man dem Problem Herr werden können. Zugleich appellierte Lauterbach an die Eltern: "Bitte keine Hamsterkäufe." Die Pharmabranche forderte auch generell bessere Produktionsbedingungen.

Apotheker warnen: Diese Medikamente fehlen

Derweil beklagen Apotheker fehlende Arzneien. Während im letzten Jahr vor allem Kinderarzneien knapp waren, mangelt es an Arzneimitteln aus einer ganzen Bandbreite. Bereits im April beklagteKölner Apotheker Sebastian Berges gegenüber der "Tagesschau", dass bei ihm 470 Medikamente nicht verfügbar seien. Laut dem Vorsitzenden des ApothekerverbandsNordrhein stehe die Versorgung manchmal "wirklich auf der Kippe", wie er im ARD-"Morgenmagazin" erzählte. Besonders Antibiotika fehlen. Besonders knapp seien Generika - Medikamente, bei denen das Patent abgelaufen ist. Diese Präparate können günstiger angeboten werden.

Auch Apotheker Dr. Philipp Hoffmann mahnt im Gespräch mit der "Bild"-Zeitung vor einer ungewissen Versorgung. "Wir können schon jetzt vor der Grippesaison keine Belieferung der Bevölkerung mehr aufrechterhalten." Üblicherweise hat er 710 Medikamente vorrätig. Aktuell fehlen diese Arzneien aber. Laut einer von ihm erstellten Liste sind bei ihm zum Beispiel Hustenblocker auf Codeinbasis, Antibiotikasäfte für Kinder, verschreibungspflichtige Augentropfen, einige Insuline, bestimmte Asthmasprays, Medikamente bei psychischen Störungen oder "Herzmedikamente, Blutdrucksenker, Cholesterinsenker, Nasenspray, Säureblocker/Magenschutzmittel" nicht auf Lager.

Lauterbach will mit Anti-Engpass-Gesetz Mangel vorbeugen

Um den Nachschub von Medikamenten besonders für Kinder abzusichern, trat im Juli bereits ein Anti-Engpass-Gesetz in Kraft. Als Sicherheitspuffer macht es Vorräte von mehreren Monatsmengen für vielgenutzte Mittel zur Pflicht. Im Blick stehen nun aber schneller wirkende Maßnahmen. Apotheken sollen mehr Flexibilität bekommen, um bei fehlenden Mitteln ausweichen zu können. So soll es leichter werden, die Darreichungsform etwa von Tropfen zu Tabletten zu wechseln, ohne dass extra Rücksprache mit dem Arzt oder ein neues Rezept nötig sind. Auch ein Ausweichen auf andere Packungsgrößen soll einfacher sein.Das Bundesinstitut für Arzneimittel hat eine "Dringlichkeitsliste" mit gut 30 Kinderpräparaten veröffentlicht, die derzeit mit höchster Priorität zu besorgen sind. Darauf stehen verschiedene Antibiotika, Nasentropfen, fieber- und schmerzlindernde Säfte und Zäpfchen.

Apotheker durften im letzten Jahr in der angespannten Situation selbst Fiebersäfte herstellen. Die Krankenkassen sollen Apotheken für die Herstellung aber nicht bezahlt haben, sagt Dr. Hoffmann. "Die bisher beschlossenen Maßnahmen sind leider ein Witz."

Dennoch sagte Lauterbach, wenn es nun eine starke Grippewelle und eine starke Welle von Infektionen mit Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) geben sollte, seien Engpässe nicht komplett auszuschließen. Sollte es dazu kommen, würden zusätzliche Importe ermöglicht. Im Ministerium soll zur Beobachtung und schnelleren Reaktion für Herbst und Winter ein wöchentlich tagender Steuerungskreis eingerichtet werden. Von der Opposition kam Kritik. Unions-Fachpolitiker Tino Sorge (CDU) sagte, Lauterbach setze hektisch auf das Prinzip Hoffnung. Und Probleme beträfen bei weitem nicht nur den Bereich der Kinderarzneimittel.

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/gom/news.de/dpa

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