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Ukraine-Krieg im News-Ticker: Nach Butscha-Massaker: Scholz stellt neue Sanktionen gegen Russland in Aussicht

Die russische Armee zieht sich nach fünf Wochen aus der Region um Kiew zurück. Die nachrückende ukrainische Armee entdeckt in einem Vorort Dutzende tote Zivilisten. Präsident Selenskyj erwartet nunmehr russische Angriffe an anderer Stelle.

Die Straßen im Kiewer Vorort Butscha sind nach dem Abzug russischer Truppen mit den Leichen unschuldiger Zivilisten gepflastert. (Foto) Suche
Die Straßen im Kiewer Vorort Butscha sind nach dem Abzug russischer Truppen mit den Leichen unschuldiger Zivilisten gepflastert. Bild: picture alliance/dpa/AP | Vadim Ghirda

Gut fünf Wochen nach dem russischen Einmarsch hat die ukrainische Armee nach eigenen Angaben wieder die volle militärische Kontrolle über die Region um die Hauptstadt Kiew erlangt. "Irpin, Butscha und Hostomel und das gesamte Gebiet Kiew - vom Feind befreit", schrieb die stellvertretende Verteidigungsministerin Anna Maljar am Samstagabend auf Twitter. In Butscha stießen ukrainische Truppen indes auf Szenen des Grauens.

Vom Rückzug der Russen im Nordwesten der Metropole berichtete auch Präsidentenberater Olexij Arestowytsch. Um Kiew seien mehr als 30 Dörfer zurückerobert worden, sagte er.

Ukraine-Krieg, Tag 39 im News-Ticker - Alle aktuellen Ereignisse am 3. April 2022 im Überblick

+++ Scholz stellt neue Sanktionen gegen Russland in Aussicht +++

Bundeskanzler Olaf Scholz hat nach den Gräueltaten russicher Truppen im ukrainischen Butscha neue Sanktionen gegen Russland in Aussicht gestellt. "Wir werden im Kreis der Verbündeten in den nächsten Tagen weitere Maßnahmen beschließen", kündigte der SPD-Politiker am Sonntag an, ohne weitere Details zu nennen. Der russische Präsident Wladimir Putin und seine Unterstützer würden die Folgen spüren. "Und wir werden der Ukraine weiterhin Waffen zur Verfügung stellen, damit sie sich gegen die russische Invasion verteidigen kann."

Scholz beschrieb die Szenen aus Butscha, einem Vorort von Kiew, der bis vor wenigen Tagen von russischen Truppen besetzt war: "Straßen übersät mit Leichen. Notdürftig verscharrte Körper." Er betonte: "Die Ermordung von Zivilisten ist ein Kriegsverbrechen. Diese Verbrechen der russischen Streitkräfte müssen wir schonungslos aufklären."

+++Johnson wirft Putin Kriegsverbrechen vor +++

Der britische Premierminister Boris Johnson hat die Gräueltaten an der ukrainischen Zivilbevölkerung scharf verurteilt. "Russlands verabscheuenswürdige Angriffe auf unschuldige Zivilisten in Irpin und Butscha sind weitere Beweise dafür, dass (der russische Präsident Wladimir) Putin und seine Armee in der Ukraine Kriegsverbrechen begehen", sagte Johnson einer Mitteilung vom Sonntag zufolge.

Russlands Angriff auf die Ukraine
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Der britische Premier versprach, "alles in meiner Macht zu tun, um Putins Kriegsmaschinerie auszuhungern". London werde sowohl die Sanktionen gegen Moskau verschärfen als auch die Waffenlieferungen und die humanitäre Hilfe für die Ukraine erhöhen, fügte Johnson hinzu.

Der Premier bekräftigte die britische Unterstützung für eine Untersuchung von Gräueltaten in der Ukraine durch den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. London werde die finanzielle Unterstützung dafür aufstocken und spezialisierte Ermittler entsenden, sagte Johnson. Er fügte hinzu: "Wir werden nicht ruhen, bis der Gerechtigkeit Genüge getan ist."

+++ Russland weist Schuld an Massaker in ukrainischem Butscha von sich +++

Russland hat die Schuld für das Massaker an der Zivilbevölkerung in der ukrainischen Stadt Butscha von sich gewiesen. "In der Zeit, in der die Siedlung unter der Kontrolle der russischen Streitkräfte stand, hat kein einziger Einwohner unter irgendwelchen Gewalttaten gelitten", heißt es in einer am Sonntag veröffentlichten Mitteilung des russischen Verteidigungsministeriums. Die russischen Soldaten hätten den Kiewer Vorort bereits am vergangenen Mittwoch verlassen.

Bilder aus Butscha hatten am Sonntag weltweit Entsetzen ausgelöst. Auf Fotos und Videos ist zu sehen, wie mitten auf der Straße die Körper toter Zivilisten liegen. Die ukrainische Seite macht dafür russische Soldaten verantwortlich, die die kleine Stadt bis vor kurzem besetzt hatten. Das russische Verteidigungsministerium hingegen sprach im Mitteilungsdienst Telegram von einer "geplanten Medienkampagne" und vermittelte den Eindruck, dass die ukrainische Armee die Zivilisten durch Beschuss selbst getötet haben könnte. Belege dafür gab es nicht.

Die Behörde in Moskau deutete zudem an, dass die Aufnahmen gefälscht sein könnten - etwa weil einer der Menschen, die am Straßenrand liegen, in einer Videoaufnahme angeblich seine Hand bewegen soll. Das ist jedoch falsch. In dem entsprechenden Video ist keine Handbewegung zu sehen. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge handelt es sich um Leichen, die dort liegen. Auch in weiteren Aufnahmen, die in derselben Straße unter anderem von Pressefotografen gemacht wurden, liegen die Leichen an exakt derselben Stelle.

+++ Selenskyj wirft russischen Truppen "Völkermord" vor +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den russischen Truppen angesichts von Gräueltaten gegen Zivilisten einen Genozid vorgeworfen. "Das ist in der Tat ein Völkermord", sagte Selenskyj dem US-Sender CBS am Sonntag laut Übersetzer auf eine entsprechende Frage der Moderatorin. "Wir sind Bürger der Ukraine und wollen nicht der Politik der Russischen Föderation unterworfen werden. Und das ist der Grund, warum wir zerstört und ausgelöscht werden. Und das geschieht im Europa des 21. Jahrhunderts." Nicht nur der russische Präsident Wladimir Putin, auch die für Gräueltaten verantwortlichen russischen Militärs müssten auf der Grundlage geltenden Rechts zur Rechenschaft gezogen werden.

Selenskyj zeigte Fassungslosigkeit angesichts der Gewalt. "Wenn wir Menschen finden, deren Hände auf dem Rücken gefesselt sind und die enthauptet wurden, dann verstehe ich das nicht." Den "Verbrechern" reiche es nicht, Kinder zu töten, sie würden sie noch dazu foltern. Nach dem Rückzug russischer Truppen aus dem Nordwesten der ukrainischen Hauptstadt sorgten Aufnahmen von Leichen auf den Straßen von Butscha international für Entsetzen.

Selenskyj sagte, seine Pflicht als Präsident sei es trotzdem, mit Putin zu verhandeln. "Es gibt keinen anderen Weg als den Dialog, wenn wir nicht wollen, dass Hunderttausende, dass Millionen sterben." Er forderte den Rückzug aller russischen Truppen hinter die Grenzen, die vor der Invasion im Februar bestanden.

+++ Macron will Russland wegen Butscha zur Verantwortung ziehen +++

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will nach der Entdeckung zahlreicher getöteter Zivilisten in der Umgebung der ukrainischen Hauptstadt Kiew Russland zur Verantwortung ziehen. Die Bilder aus der Stadt Butscha mit "Hunderten feige ermordeter Zivilisten auf den Straßen" seien unerträglich, schrieb der Staatschef am Sonntag auf Twitter. "Die russischen Behörden müssen sich für diese Verbrechen verantworten."

In Butscha waren nach dem Rückzug der russischen Armee zahlreiche Tote gefunden worden. Nach Angaben der Behörden wurden inzwischen 280 Menschen in Massengräbern beerdigt.

+++Russen melden Explosion in Dorf nahe Belgorod +++

Nach einem Angriff auf ein Öllager nahe der russischen Stadt Belgorod vor wenigen Tagen soll es in dem Gebiet an der ukrainischen Grenze erneut zu einer Explosion gekommen sein. "Es gab einen Knall, Trümmer fielen auf den Boden", schrieb der Verwaltungschef des Stadtbezirks Jakowlewski, Oleg Medwedew, am Sonntag im Nachrichtenkanal Telegram. Es habe keine Verletzten gegeben.

Der Verwaltungschef machte keine Angaben zu den Hintergründen des Vorfalls in dem Dorf Tomarowk. Die Trümmerteile würden untersucht und abtransportiert. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Am Freitag sollen nach russischer Darstellung zwei ukrainische Kampfhubschrauber in den russischen Luftraum eingedrungen sein und dann Luftschläge gegen das Öllager verübt haben. Die Ukraine gab eine Beteiligung nicht zu.

+++ Stoltenberg entsetzt über "Brutalität gegen Zivilisten" +++

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich entsetzt über den Tod zahlreicher Menschen in der Kiewer Vorstadt Butscha gezeigt. "Es ist eine Brutalität gegen Zivilisten, wie wir sie in Europa seit Jahrzehnten nicht gesehen haben", sagte Stoltenberg dem Sender CNN. "Es ist entsetzlich und absolut inakzeptabel, dass Zivilisten angegriffen und getötet werden." Das unterstreiche die Notwendigkeit, dass der Krieg beendet werde und die Verantwortlichen für Gräueltaten zur Verantwortung gezogen würden.

Nach dem Rückzug russischer Truppen aus dem Nordwesten der ukrainischen Hauptstadt sorgten Aufnahmen von Leichen auf den Straßen von Butscha international für Entsetzen.

Stoltenberg sagte mit Blick auf den Abzug der russischen Truppen aus der Umgebung von Kiew: "Was wir sehen, ist kein wirklicher Rückzug, sondern wir sehen, dass Russland seine Truppen neu positioniert." Man dürfe nicht zu optimistisch sein. "Die Angriffe werden weitergehen", sagte der Nato-Generalsekretär. "Wir sind auch besorgt über mögliche verstärkte Angriffe, vor allem im Süden und im Osten."

+++Klingbeil für baldigen wirtschaftlichen Bruch mit Russland +++

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hat für einen raschen wirtschaftlichen Bruch mit Russland geworben. "Der politische Bruch mit Wladimir Putin und seinem Regime, der ist schon längst da", sagte Klingbeil am Sonntag am Rande einer Vorstandsklausur in Berlin. Jetzt müsse auch der ökonomische Bruch "sehr schnell kommen". "Jetzt geht es darum, unsere Unabhängigkeit von Gas, Kohle und Öl aus Russland schnell und konsequent zu erreichen." Das werde Putins Regime nachhaltig finanziellen und ökonomischen Schaden zufügen.

Klingbeil warf dem russischen Präsidenten eine "verbrecherische Kriegsführung" vor. Die Bilder aus dem Kiewer Vorort Butscha, wo zahlreiche Leichen entdeckt wurden, seien schockierend. "Die Verantwortlichen dafür müssen zur Rechenschaft gezogen werden." Der SPD-Chef betonte: "Wir stehen fest an der Seite der Ukraine und zeigen dies durch harte Sanktionen, ausgeweitete Waffenlieferungen und politischen Druck." Jeden Tag werde überprüft, was man zusätzlich tun könne.

+++US-Außenminister Blinken entsetzt über Gräueltaten in Butscha +++

US-Außenminister Antony Blinken hat sich entsetzt über die Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha bei Kiew geäußert. "Man kann nicht anders, als diese Bilder als einen Schlag in die Magengrube zu sehen", sagte Blinken am Sonntag dem Sender CNN. Der Minister verwies darauf, dass die US-Regierung bereits im vergangenen Monat zu dem Schluss gekommen sei, dass russische Truppen in der Ukraine Kriegsverbrechen begingen. "Das ist die Realität, die sich jeden Tag abspielt, solange Russlands Brutalität gegen die Ukraine anhält. Deshalb muss es ein Ende haben."

+++ Scholz verlangt Aufklärung über Geschehen in Butscha +++

Bundeskanzler Olaf Scholz hat dem russischen Militär Verbrechen in der Ukraine vorgeworfen und schonungslose Aufklärung gefordert. "Ich verlange, dass internationale Organisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz Zugang erhalten zu diesen Gebieten, um die Gräueltaten unabhängig zu dokumentieren", erklärte der SPD-Politiker am Sonntag in Berlin. "Diese Verbrechen des russischen Militärs müssen wir schonungslos aufklären." Täter und Auftraggeber müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Das Wort Kriegsverbrechen benutzte er in der Stellungnahme nicht.

Scholz bezog sich auf Gräueltaten, die nach dem Abzug der russischen Truppen in der Vorortgemeinde Butscha bei Kiew entdeckt wurden. "Furchtbare und grauenerregende Aufnahmen haben uns an diesem Wochenende aus der Ukraine erreicht", sagte der Kanzler. In Butscha - einem Gebiet, das bis vor wenigen Tagen vom russischen Militär kontrolliert wurde - seien Dutzende erschossene Zivilisten entdeckt worden. "Straßen übersät mit Leichen. Notdürftig verscharrte Körper. Es ist von Frauen, Kindern und Alten die Rede, die unter den Opfern sind."

Scholz forderte Russland zum wiederholten Mal auf, "endlich in einen Waffenstillstand einzuwilligen und die Kampfhandlungen einzustellen".

+++ Von der Leyen entsetzt über Leichenfunde in Ukraine +++

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat sich nach der Entdeckung zahlreicher getöteter Zivilisten in der Region um Kiew entsetzt gezeigt. "Eine unabhängige Untersuchung ist dringend erforderlich", schrieb die deutsche Politikerin am Sonntag auf Twitter. Zugleich versicherte sie, dass die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen würden. In Butscha nahe der ukrainischen Hauptstadt Kiew waren nach dem Rückzug der russischen Armee zahlreiche Tote gefunden worden.

Nach Angaben der Behörden wurden inzwischen 280 Menschen in Massengräbern beerdigt. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak teilte auf Twitter ein Foto, auf dem erschossene Männer zu sehen waren. Einem waren die Hände auf dem Rücken gefesselt. Die Echtheit konnte nicht unabhängig geprüft werden. Podoljak schrieb dazu: "Sie waren nicht beim Militär, sie hatten keine Waffen, sie stellten keine Bedrohung dar."

+++ Kiews Bürgermeister Klitschko wirft Russland Völkermord vor +++

Nach dem Rückzug russischer Truppen aus dem Gebiet rund um die ukrainische Hauptstadt Kiew sorgen Fotos von getöteten Menschen in der zurückeroberten Stadt Butscha für Entsetzen. "Das, was in Butscha und anderen Vororten von Kiew passiert ist, kann man nur als Völkermord bezeichnen", sagte der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko am Sonntag der "Bild". Zugleich machte er Russlands Präsident Wladimir Putin persönlich dafür verantwortlich. "Es sind grausame Kriegsverbrechen, die Putin dort zu verantworten hat. Zivilisten, die mit verbundenen Händen erschossen wurden."

Klitschko forderte: "Für die ganze Welt und insbesondere Deutschland kann es nur eine Konsequenz geben: Kein Cent darf mehr nach Russland gehen, das ist blutiges Geld, mit dem Menschen abgeschlachtet werden." Ein Embargo auf russisches Gas und Öl müsse sofort kommen. Das russische Verteidigungsministerium in Moskau nahm zu den Vorwürfen zunächst nicht Stellung.

+++ Ukraine will neuen Anlauf zu Evakuierung aus Mariupol starten +++

Gemeinsam mit dem Roten Kreuz will die Ukraine an diesem Sonntag einen neuen Versuch zur Evakuierung von Menschen aus der belagerten Hafenstadt Mariupol unternehmen. "Sieben Busse werden versuchen, näher an Mariupol heranzukommen", teilte Vize-Regierungschefin Irina Wereschtschuk im Nachrichtenkanal Telegram mit. Diese Busse würden von Vertretern des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz begleitet.

In der umkämpften und inzwischen auch schwer beschädigten Stadt halten sich nach Schätzungen noch etwa 100.000 Einwohner auf. In den vergangenen Tagen hatte es schon mehrere Versuche gegeben, Mariupol zu erreichen. Russland wirft dem Roten Kreuz vor, die Evakuierung schlecht vorbereitet zu haben. Am Samstag habe ein Konvoi aus unbekannten Gründen mit großer Verspätung nicht einmal die Stadt Berdjansk als geplante Zwischenstation erreicht, hieß es aus Moskau.

Wereschtschuk zufolge standen am Sonntag 17 Busse in der Nähe von Berdjansk bereit. Zehn davon seien für die Einwohner von Mariupol bestimmt. Wenn die Busse nicht durchkämen, sollten sie in Berdjansk warten. Zudem sei über einen anderen Fluchtweg die Fahrt mit privaten Pkw von Mariupol in das nordwestlich gelegene Saporischschja möglich.

+++ London macht Russland für Minen im Schwarzen Meer verantwortlich +++

Großbritannien hat Russland für Seeminen verantwortlich gemacht, die im Schwarzen Meer gesichtet wurden. Die Minen seien "beinahe sicher bedingt durch die russischen See-Aktivitäten in der Gegend", heißt es in einem am Sonntag veröffentlichten Bericht des Verteidigungsministeriums in London. Das Ministerium schränkte ein, dass es keine hundertprozentige Sicherheit dafür gebe. Die Gefahr durch die Minen zeige aber, wie Russland mit seinem Angriff auf die Ukraine die Interessen ziviler oder neutraler Parteien beeinträchtige.

Nach Erkenntnissen der britischen Geheimdienste halten russische Seestreitkräfte weiterhin ihre Blockade der ukrainischen Küste aufrecht. Die russischen Truppen seien auch in der Lage, mit Amphibien-Fahrzeugen an Land zu gehen. Ein solcher Einsatz sei aber zunehmend "hochriskant", weil die Ukrainer inzwischen Zeit zur Vorbereitung hatten, hieß es in der Mitteilung weiter.

Einem Bericht der "Sunday Times" zufolge arbeitet die britische Regierung derzeit daran, der Ukraine Waffensysteme zur Verteidigung gegen Schiffe zur Verfügung zu stellen. Der russische Botschafter in London, Andrej Kelin, warnte davor. Einem Bericht der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge kündigte er an, entsprechende Lieferungen würden zu einem "legitimen Ziel" russischer Truppen werden, sobald sie ukrainisches Gebiet erreichten.

+++ Russland: Raketen auf Treibstofflager bei Odessa gefeuert +++

Russland hat nach eigenen Angaben Ziele nahe der ukrainischen Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer angegriffen. Von Schiffen und Flugzeugen aus seien Raketen auf eine Ölraffinerie und drei Treibstofflager abgefeuert worden, teilte das Verteidigungsministerium am Sonntag in Moskau mit. Der Stadtrat der Metropole mit etwa einer Million Einwohnern hatte zuvor schon von Bränden im Stadtgebiet berichtet.

Nach russischen Angaben wurden in der Nacht zum Sonntag in der Ukraine insgesamt 51 Militäreinrichtungen getroffen, darunter vier Kommandoposten und zwei Raketenabwehrsysteme. Diese Angaben ließen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen. Seit Beginn des Kriegs am 24. Februar soll die russische Armee nach eigener Darstellung insgesamt 125 ukrainische Flugzeuge und 88 Hubschrauber, 383 Drohnen, 221 Raketenabwehrsysteme sowie 1903 Panzer und andere gepanzerte Fahrzeuge zerstört haben.

Moskau behauptet, nur militärische Ziele im Nachbarland anzugreifen. Dagegen wirft die Ukraine Russland vor, auch zivile Infrastruktur und Wohngebiete unter Beschuss zu nehmen.

+++ Moskau dämpft Hoffnungen auf Ukraine-Spitzentreffen +++

Russland hat Hoffnungen der Ukraine auf ein baldiges Spitzentreffen der beiden Präsidenten Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj zur Beendigung des Kriegs gedämpft. Es gebe noch viel zu tun, sagte der russische Verhandlungsführer Wladimir Medinski am Sonntag der Nachrichtenagentur Interfax. "Ich teile leider nicht den Optimismus von Arachamija." Zuvor hatte der ukrainische Chefunterhändler David Arachamija im ukrainischen Fernsehen von einem möglicherweise baldigen Treffen der beiden Staatschefs gesprochen.

Die Entwürfe der entsprechenden Dokumente seien bereits so weit fortgeschritten, dass ein "direktes Gespräch der beiden Staatschefs" möglich sei, sagte Arachimija. Die Ukraine hatte auch schon Zugeständnisse angedeutet. Der russische Chefunterhändler Medinski betonte hingegen, dass Russlands Position in Bezug auf die Krim und den Donbass "unverändert" sei.

Moskau fordert einen Verzicht der Ukraine auf eine Nato-Mitgliedschaft sowie die Anerkennung der abtrünnigen ostukrainischen Separatistengebiete als eigene Staaten und der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim als Teil Russlands. Der Krieg dauert schon seit mehr als fünf Wochen.

+++ Stadtrat: Brände nach Luftangriff auf Odessa +++

Auf die ukrainische Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer hat es am Sonntagmorgen nach Behördenangaben einen Luftangriff gegeben. Wie der Stadtrat im Nachrichtenkanal Telegram mitteilte, entstanden in "einigen Gebieten" Brände. Ukrainische Medien veröffentlichten Fotos, auf denen Rauch über Odessa zu sehen war. Es soll demnach keine Verletzten gegeben haben. Dem Stadtrat zufolge wurden "einige Raketen" von der Luftabwehr abgefangen. Diese Angaben ließen sich nicht überprüfen. Am Morgen wurde Luftalarm ausgelöst. Unklar war zunächst, ob es sich um Beschuss durch russische Kampfflugzeuge oder um Raketen handelte.

+++ Kiews Präsidentenberater: Viele tote Zivilisten in Butscha +++

Ukrainische Truppen entdeckten in der zurückeroberten Stadt Butscha nordwestlich von Kiew Dutzende tote Zivilisten. Viele von ihnen seien von russischen Soldaten erschossen worden, twitterte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak. "Sie waren nicht beim Militär, sie hatten keine Waffen, sie stellten keine Bedrohung dar", schrieb er. "Wie viele derartige Fälle ereignen sich gerade in den besetzten Gebieten?"

Auf einem Foto, das Podoljak in seinem Tweet teilte, waren erschossene Männer zu sehen, bei einem von ihnen waren die Hände auf dem Rücken gefesselt. Die Echtheit des Bildes konnte nicht unabhängig geprüft werden. Auf einem anderen Foto waren Leichen auf einer Straße zu sehen. "Die Hölle des 21. Jahrhunderts", kommentierte Podoljak.

Auch weitere Berichte ukrainischer Medien über vermeintliche Gräueltaten russischer Soldaten konnten nicht unabhängig überprüft oder bestätigt waren. Unterdessen wurden rund 280 Zivilisten in Butscha in einem Massengrab beerdigt. Die Leichen konnten während der russischen Besatzungszeit nicht beigesetzt werden, verlautete nach Angaben der "Ukrajinksa Prawda" aus der Verwaltung.

+++ Selenskyj erwartet russische Angriffe im Osten und Süden +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet nun heftige russische Angriffe im Osten und Süden. "Was ist das Ziel der russischen Armee? Sie wollen sowohl den Donbass als auch den Süden der Ukraine erobern", sagte Selenskyj in einer Videobotschaft in der Nacht zum Sonntag. "Und was ist unser Ziel? Wir wollen uns, unsere Freiheit, unser Land und unsere Menschen schützen." Um den russischen Plänen entgegenzuwirken, werde die Abwehr der ukrainischen Streitkräfte in östlicher Richtung verstärkt. "Und das wohl wissend, dass der Feind Reserven hat, um den Druck zu verstärken."

US-Geheimdienstexperten vermuteten im Gespräch mit dem Sender CNN, dass Russlands Präsident Wladimir Putin einen Erfolg im Osten der Ukraine bis spätestens Anfang Mai anstrebt, um diesen bei der Siegesparade zum 9. Mai - zu den jährlichen Feiern zum Ende des Zweiten Weltkriegs - öffentlichkeitswirksam zu feiern.

+++ Hunderten gelingt Flucht aus umkämpften Städten +++

Hunderten Menschen gelang nach Angaben der Regierung in Kiew die Flucht aus umkämpften Städten. So hätten 765 Zivilisten mit eigenen Fahrzeugen die Hafenstadt Mariupol im Südosten verlassen, teilte Vize-Regierungschefin Irina Wereschtschuk via Telegram mit. Fast 500 Zivilisten seien aus der Stadt Berdjansk geflohen. Ziel der Menschen aus beiden Städten sei Saporischschja. Zudem seien in Berdjansk zehn Busse gestartet. Am Sonntag solle die Evakuierung dort fortgesetzt werden, sagte Wereschtschuk.

Für Sonntag plante das russische Militär einen Fluchtkorridor für ausländische Staatsbürger aus dem umkämpften Mariupol und der von Russen besetzten Hafenstadt Berdjansk, ebenfalls am Asowschen Meer. Die Ausländer, überwiegend Besatzungsmitglieder von blockierten Frachtschiffen in den beiden Häfen, könnten auf dem Landweg entweder über die Krim oder in ukrainisches Gebiet in Sicherheit gelangen.

+++ Ukraines Chefunterhändler: Treffen Selenskyjs mit Putin möglich +++

Nach wochenlangen Verhandlungen zwischen Vertretern Russlands und der Ukraine zur Beendigung des Kriegs zeichnen sich aus Sicht Kiews erste positive Signale ab. Der ukrainische Chefunterhändler David Arachamija sprach im Staatsfernsehen von einem möglicherweise baldigen Treffen Selenskyjs mit Kremlchef Putin. Sollte es zustandekommen, werde es wohl in der Türkei abgehalten, entweder in Ankara oder Istanbul. Selenskyj hat wiederholt ein direktes Gespräch mit Putin gefordert. Der Kreml lehnt dies bisher mit dem Hinweis darauf ab, dass Putin eine konkrete Grundlage - im Sinne abgeschlossener Vorverhandlungen - für diese Zusammenkunft fordert.

+++ London sagt Ukraine weitere Unterstützung zu +++

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat vom britischen Premier Boris Johnson die Zusage für weitere Unterstützung im Kampf gegen die russische Armee erhalte. "Eine sehr spürbare Unterstützung", sagte Selenskyj dazu. "Wir haben uns über eine neue Unterstützung für die Verteidigung der Ukraine unterhalten, ein neues Paket", fasste der ukrainische Staatschef das Gespräch mit Johnson zusammen. Details nannte er aber nicht. Aus der Downing Street verlautete, dass Johnson "Unterstützung für die Verteidigungsbemühungen zugesagt" habe.

+++ Moskau: Militärflugplatz in dem Gebiet Poltawa attackiert +++

Das russische Militär griff nach eigener Darstellung in der Ukraine einen Militärflugplatz im zentral gelegenen Gebiet Poltawa an. Dabei seien Kampfhubschrauber und Flugzeuge zerstört worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Außerdem seien Depots für Treibstoff und Waffen getroffen worden. In der Nähe der Bahnhöfe in Losowa und Pawlohrad seien zudem gepanzerte Fahrzeuge, Munition und Treibstofftanks zerstört worden. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

+++ Polen Vize-Regierungschef offen für amerikanische Atomwaffen +++

Polens Vize-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski sagte, er sei angesichts des Kriegs offen für eine Stationierung amerikanischer Atomwaffen in seinem Land. "Wenn die Amerikaner uns bitten würden, US-Atomwaffen in Polen einzulagern, so wären wir dafür aufgeschlossen. Es würde die Abschreckung gegenüber Moskau deutlich verstärken", sagte er der "Welt am Sonntag".

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/news.de/dpa

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