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"hart aber fair" am 24.04.: Lauterbach völlig "hilflos"? Pflege-Drama schockt Zuschauer

Bei "hart aber fair" ging es in der aktuellen Folge darum, ob sich Pflege noch jeder leisten kann. Die hohen Zusatzkosten belasten Pflegende und Heime sehr. Karl Lauterbach äußerte sich dazu und teilte dabei auch gegen andere Politiker aus.

Karl Lauterbach äußerte sich bei "hart aber fair" zur aktuellen Pflegesituation in Deutschland. (Foto) Suche
Karl Lauterbach äußerte sich bei "hart aber fair" zur aktuellen Pflegesituation in Deutschland. Bild: picture alliance/dpa | Britta Pedersen

Wer Pflege benötigt, muss tief in die Tasche greifen. In den letzten Jahren sind die Kosten für die Pflege in einem Heim oder zu Hause enorm angestiegen. Pflegebedürftige müssen oft Tausende Euro dazuzahlen. Während die Kosten steigen, fühlen sich viele von der Politik allein gelassen. Darüber diskutierte Louis Klamroth am 24.04.2023 bei "hart aber fair" mit seinen Gästen. Das Thema lautete: "Altern in Würde oder in Armut: Wer kann sich gute Pflege noch leisten?" Er versuchte zusammen mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, Schauspielerin Katy Karrenbauer, Kai A. Kasri, Heimbetreiber aus Bayern, Altenpflegerin Silke Behrendt-Stannies undJochen Springborn, der seine an MS erkrankte Frau zu Hause pflegt, Antworten zu finden.

"Gute Pflege sollen sich alle leisten können!" Karl Lauterbach spricht sich bei "hart aber fair" für Vollkaskoversicherung für Pflege aus

"Gute Pflege sollen sich alle leisten können und wir werden nicht akzeptieren, dass Menschen deshalb in Armut abrutschen", zitiert Klamroth Lauterbach zu Beginn von "hart aber fair". Ist es also vom Geld abhängig, ob ein Pflegebedürftiger im Alter würdig leben kann? Auf die Frage des Moderators antwortete Lauterbach: "Auf jeden Fall zu stark. Die Pflegeversicherung ist eine Teilkasko-Versicherung. Ich persönlich halte eine Vollkaskoversicherung, zumindest, wenn man sie wählen könnte, für richtig. Man muss klar sagen: Pflegebedürftigkeit ist leider ein Armutsrisiko. Wir versuchen das zu begrenzen." Man müsse aber bedenken, dass die Ausgaben des Bundes für Pflege stark ansteigen würden. Nirgends sonst wäre das so extrem.

Kostenexplosion für Heimbewohner:innen: Katy Karrenbauer musste für Pfelge ihres Vaters sein Haus verkaufen

Wie extrem die Situation Heimbewohner:innen belastet, machte Behrendt deutlich. Für einen Platz müssen Angehörige oder zu pflegende Personen monatlich etwa zwischen 2500-3000 Euro zahlen. Vom Rest könne man "nicht in Würde leben". Deshalb müssen viele zum Sozialamt gehen. Doch das Geld reiche ebenfalls nicht aus. Es seien nur 135 Euro. "Ich finde das unwürdig, von so wenig Geld leben zu müssen. Das ist eine Schande", sagte Behrendt. Auch Katy Karrenbauer erlebte einen Kostenschock. Um die Pflege für ihren demenzkranken Vater zahlen zu können, musste sein Haus verkauft werden. 

Bürgerversicherung statt Privatversicherung: Karl Lauterbach stichelt gegen FDP

Sei es gerecht gewesen, dass Karrenbauer das Haus ihres Vaters verkaufte, fragt Klamroth Lauterbach. "Das kann man so und so sehen." Er fügte hinzu: "Das Erbe sollte auch herangezogen werden müssen. Über die Größenordnung können wir reden. Es wäre falsch, mit den kleinen Einkünften von Steuerzahlern den Erbenschutz von reichen Menschen zu bezahlen." Das Erbe würde aber bei den hohen Kosten nicht ausreichen, bemerkte Karrenbauer. Einen wichtige Punkt merkte Lauterbach danach an und teilte sogleich gegen die FDP aus. Es sei ungerecht, dass Menschen, die gut verdienen und eine private Pflegeversicherung haben, gar kein Geld in die Pflegeversicherung einzahlen. "Es müsste eine Bürgerversicherung in der Pflege geben, in die jeder einzahlt." Die FDP würde sich dagegen stellen. "Das kann nicht richtig sein."

Mit dem Pflegebeitrag lässt sich nur ein kleiner Teil der Kosten bezahlen. Denn einige Posten wie für das Essen müssen Pflegebedürftige zusätzlich bezahlen. Der Bundesgesundheitsminister wollte deshalb, dass Pflegebedürftige von zu hohen Zuzahlungen entlastet werden. Anfang April hat er zusammen mit dem Bundeskabinett eine Pflegereform angestoßen. Damit soll auch die Pflegeversicherung gesichert werden. Ab dem 1. Juli steigt der Pflegebeitrag um 0,35 Punkte. Für Behrendt bräuchte es aber ein Umdenken. Alle müssten in die Pflegekasse einzahlen. Lauterbach verteidigte das System. "Was ist eine Schande daran, dass ein Teil der Steuern zurückkommt und die Pflege bezahlt. Das finde ich nicht falsch." Die Prüfung sei keine entwürdigende Prozedur. "Es ist nicht entwürdigend, wenn ein Mensch sagt: Ich habe eine kleine Rente." Er fände es hingegen würdelos, wenn ein wohlhabender Mensch diesen Zuschuss auch bekommen würde.

Lauterbach kritisiert Spahn für Pflegezuschüsse

Dann ging es noch um die Pflegezuschüsse zum Eigenanteil. Sie sollen um 5 bis 10 Prozent erhöht werden, das würden 114 Euro sein. Ist das nicht zu wenig? Lauterbach weicht aus und erklärt, dass vielmehr die Löhne in der Pflege und Langzeitpflege angepasst werden müssen. Er konnte sich dann nicht einen Seitenhieb auf Jens Spahn, seinen Vorgänger, verkneifen. "Ich bin nicht Herr Spahn." Doch es gibt ein Problem, nämlich die fehlende Finanzierung. Das ist Lauterbach angegangen, hat die Zuschüsse erhöht und sie gegenfinanziert. "Wenn ich jetzt auf Pump die Zuschüsse noch stark erhöhen würde und meinem Nachfolger in zehn Jahren die Rechnung präsentiere [...]"

Zu arm für Pflege? Altenpflegerin gegen Pflege als Wirtschaftsgut

Nicht jeder Mensch wird in einem Heim gepflegt. Jochen Springborn erklärte, wie der Tagesablauf als pflegender Ehemann aussieht. Er bemängelte das Ungleichgewicht zwischen stationärer und ambulanter Pflege. Lauterbach sei das bewusst und er sprach sich erneut für eine Vollkaskoversicherung in der Pflege aus. "Wenn wir das hätten, würde diese Unterdeckung bezahlt werden. Darüber kann man mit mir jederzeit reden." Außerdem kritisierte Behrendt noch, dass Pflege kein Wirtschaftsgut ist und die Kommerzialisierung die Lage mit verschlimmerte. Lauterbach reagierte darauf: "In der Pflege und in den Krankenhäusern haben wir die Ökonomisierung dramatisch übertrieben und müssen das zurückführen. Da sind wir zu weit gegangen. Müssten wir die Pflegeversicherung nochmal neu aufsetzen, bin ich der Meinung, wäre das eigentlich eine Aufgabe der Kommunen. Wenn die Kommune die Pflege bezahlen würde, müsste niemand zum Sozialamt gehen. Das ist meine Meinung."

So reagierte das Netz auf Lauterbachs "hart aber fair"-Auftritt

Die aktuelle "hart aber fair"-Sendung löst wieder einmal Diskussionen aus. Vor allem das Agieren der FDP stand in der Kritik. "Ja, wir hätten eine Bürgerversicherung gebraucht - auch für die Pflege. Und #Lauterbach sagt endlich mal deutlich, warum wir diese immer noch nicht haben: wegen dieser Lobbyistensekte FDP", heißt es in einem Kommentar. Karl Lauterbach wird für seine Worte im Bezug auf die FDP gelobt. "Karl on Fire. Endlich mal wieder", schreibt ein Twitter-Nutzer. Doch es gibt nicht nur wohlgemeinte Reaktionen. "Professionelle Pflege muss besser bezahlt werden, aber nicht auf Kosten pflegender Angehöriger. @Karl_Lauterbach erschien mir hilflos und nicht gut informiert über die Situation", meint ein User. Viele Zuschauer:innen hat besonders die desaströse Lage erschrocken. Einige teilten private Geschichten über die hohen Kosten, die sie selbst für ihre zu pflegenden Angehörigen leisten müssen.

Die aktuelle Folge von "hart aber fair" können Sie in der ARD-Mediathek jederzeit kostenlos als Video-on-demand sehen.

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/gom/news.de

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