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Gewaltexzesse in Freibädern: "Es sind frustrierte Kids mit Migrationshintergrund!" Berliner Bademeister spricht Klartext

Immer wieder kommt es in Freibädern zu erschreckenden Szenen. Für Mitarbeiter sind Beleidigungen, Drohungen und Gewalt jedoch Alltag. Ein Berliner Bademeister packt nun über die Gewaltexzesse aus.

Ein Bademeister packt über die Gewalt in Berliner Freibädern aus. (Foto) Suche
Ein Bademeister packt über die Gewalt in Berliner Freibädern aus. Bild: picture alliance/dpa | Paul Zinken

Massen-Schlägereien, Morddrohungen und sexuelle Übergriffe: Eine Welle der Gewalt überrollt deutsche Freibäder. Erst am Wochenende sorgte eine brutale Auseinandersetzung im Columbiabad in Berlin-Neukölln bundesweit für Schlagzeilen. Mittlerweile ist das Bad auf unbestimmte Zeit geschlossen. Der Grund: Hoher Krankenstand. Die "Bild" sprach nun mit einem Bademeister, der seit vielen Jahren in einem Freibad in der Bundeshauptstadt arbeitet, über fehlenden Respekt, ungezügelte Gewalt und machtloses Sicherheitspersonal.

Nach Gewalteskalation in Berliner Freibädern: Bademeister packt aus

"Seit diesem Jahr ist alles nur noch irre", sagt der Mann, der anonym bleiben möchte, im Interview mit der "Bild". Vormittags, wenn Rentner und Familien mit kleinen Kindern im Freibad sind, sei noch alles schön. "Wenn ich die anspreche, hören sie auf mich und begegnen mir mit Respekt. Doch dann rotten sich die Jugendlichen ab dem Mittag zusammen. Das sind Gruppen von über 20 Leuten. Da habe ich nichts mehr zu melden", erzählt der Bademeister. "Wenn ich sie doch anspreche, weil sie am Sprungturm oder der Rutsche Stress machen, werde ich wüst beleidigt. 'Wir ficken deine Mutter. Ich steche dich ab, du Hurensohn', sind völlig normale Reaktionen. Aber das sind Morddrohungen. Ich zucke mit den Schultern und versuche, das nicht an mich rankommen zu lassen. Sonst würde ich kaputtgehen."

"Frauen, Schwule, Queere-Menschen und Juden sind Freiwild"

Beinahe täglich sei er mit Beleidigungen, Morddrohungen, Faustschlägen und Tritten konfrontiert. "80 Prozent unserer Badegäste haben einen arabischen Hintergrund. Die Schläger sind Jugendliche aus dem Bezirk. Es sind keine Geflüchteten, sondern frustrierte Kids mit Migrationshintergrund im Alter von zwölf bis 20 Jahren", sagt der Bademeister über die Täter. "Frauen, Schwule, Queere-Menschen und Juden, die hier einfach nur entspannen wollen, werden von den Tätern gezielt beleidigt, bespuckt und tätlich angegriffen. Diese Menschen passen nicht in ihr Weltbild und sind Freiwild."

Ein weiteres Problem sei das Oben-Ohne-Thema bei Frauen. "Einige fühlen sich von den barbusigen Frauen provoziert. Da prallen Welten aufeinander. Und wo Erdplatten aneinander reiben, brechen Vulkane aus. Durch das Bad läuft ein Feuergürtel. Da kommt es eben immer wieder zu diesen Gewalt-Ausbrüchen. Ob sich das in den nächsten Jahren einspielt, weiß ich nicht", sagt der Mann gegenüber der "Bild".

Angst unter Mitarbeitern, machtlose Sicherheitsleute: Wie kann die Gewalt im Freibad verhindert werden?

Unter Mitarbeitern herrsche Angst. Selbst Sicherheitsleute seien machtlos. "Über 20 Mann patrouillieren pro Tag im Bad, machen Einlass- und Taschenkontrollen. Die meisten sind arabisch-türkischer Herkunft, aber gegen die aufgeheizte Stimmung kommen sie nicht an", erzählt der Bademeister weiter. "Am Ende können sie sich nur selbst schützen und die Polizei rufen. Bei der Einlasskontrolle machen die Kollegen einen guten Job. Aber man kann mit dem Personal nicht jeden mit Hausverbot erkennen und Ersttäter erkennt man schon gar nicht." Vor den "Brennpunktbädern" stehen oft mobile Polizeiwachen. Zudem würden Zivil-Polizisten auf dem Gelände patrouillieren. "Es ist wie in einem Gefängnis, aber eigentlich ist es doch ein Freibad", sagte er. 

Auch der Klimawandel mache sich im Freibad bemerkbar. Während es früher auch mal kalte und verregnete Sommertage gab, könnten die Mitarbeiter mittlerweile kaum noch durchatmen. Von Mai bis September sei es heiß und sonnig. "Das Bad wird immer voller. Der Druck steigt, der Lärm und die allgemeine Respektlosigkeit. Es kommt hier alles zusammen. Dazu kommt meine Machtlosigkeit, dass ich nichts an der Situation ändern kann", sagte der Bademeister weiter.

Während der Berliner Senat nach den Gewaltausbrüchen nun eine Ausweispflicht für Freibäder und Videoüberwachung an den Eingängen plant, könnte laut dem Bademeister eine deutlich reduzierte Besucheranzahl eine Lösung der Probleme sein. Zudem sei eine ständige Polizeipräsenz auf dem Gelände sowie die Unterstützung von Sozialarbeitern notwendig. 

Berliner Bäder-Betrieb dementiert Bademeister-Darstellung

Für die Bademeister gebe es keine Unterstützung. Er habe noch nie einen Antigewalt-, Deeskalation- oder Selbstverteidigungskurs bekommen. "Wir sind völlig auf uns allein gestellt", erzählt der Bademeister gegenüber der "Bild". Laut den Berliner Bäder-Betrieben sei diese Darstellung jedoch falsch. "Die Berliner Bäder-Betriebe bieten für ihre Beschäftigten sehr wohl Präventionstrainings an – u. a. in Zusammenarbeit mit der Polizei Berlin. In akuten Situationen steht eine Krisenintervention und eine psychologische Betreuung zur Verfügung. Team-Tage in allen Bädern dienen dazu, den Teams den Rücken zu stärken und die Arbeit in den Bädern zu erleichtern", teilten die Verantwortlichen auf "Bild"-Anfrage mit. Auch "gezielte Angriffe auf einzelne Gästegruppen" gebe es in den Berliner Bädern nicht, heißt es weiter. "Immer noch wird alles schöngeredet", hält der Bademeister dagegen.

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/sba/news.de/dpa

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