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"hart aber fair" in der Kritik: "Systempolitik" in der Energiekrise? Zuschauer schockte die Atomdebatte

Die Energiekrise treibt für Bäckereien und Verbraucher:innen die Preise enorm in die Höhe. Welche Auswirkungen das hat, sollte bei "hart aber fair" geklärt werden. Doch die Diskussion schlug um. Es hagelte Vorwürfe, aber Lösungen gab es nicht.

Bei "hart aber fair" wurde über Lösungen für die gestiegenen Energiepreise debattiert. (Foto) Suche
Bei "hart aber fair" wurde über Lösungen für die gestiegenen Energiepreise debattiert. Bild: picture alliance/dpa/WDR | Stephan Pick

Die Preise für Energie und Gas sind in Deutschland extrem angestiegen. Bürger:innen müssen immer mehr zahlen. Welche Auswirkungen die Preissteigerungen haben, schilderte Caterina Künne, Mitinhaberin einer Hannoverschen Bäckereikette mit sieben Filialen, bei "hart aber fair" am Montag (12.09.2022) bei "hart aber fair". Ihre Stromkostenrechnung hat sich in diesem Jahr von 120.000 Euro auf 1,1 Million Euro erhöht. Dadurch müssten die höheren Preise an die Kund:innen weitergegeben werden. Brot würde so zum "Luxusgut" werden. Was kann die Politik beim Strom und Gas machen, wollte Frank Plasberg wissen. Wie passt das mit dem Weiterbetrieb der Atomkraftwerke zusammen? Darüber wurde hitzig diskutiert, doch Lösungen gab es nicht - dafür Schuldzuweisungen.

"hart aber fair": Ökonom prophezeit "Inflationshöhepunkt"

Die Energiekrise wirkt sich drastisch auf die Wirtschaft aus. Prof. Dr. Stefan Kooths erklärte, dass Berechnungen eigentlich von einem Zuwachs von drei Prozent ausgehen, durch die aktuelle Energiekrise entstand aber eine "Delle". "Für dieses und nächstes Jahr haben wir die Wirtschaftsleistung um 130 Milliarden Euro zurückgenommen", so Kooths. Laut dem Ökonomen kommen auf die Menschen noch höhere Preise zu, denn Anfang des neuen Jahres kommt es zum "Inflationshöhepunkt". Caterina Künne fragt sich aufgrund der Preissteigerungen, wie sie das bewerkstelligen soll. "Wir können nicht einfach sagen, wie es letzte Woche mal im Fernsehen vorgeschlagen wurde, dass wir einfach aufhören zu produzieren." Das funktioniert nicht. "Vorgeschlagen wurde das nicht", erklärte daraufhin Frank Plasberg und sagte, dass sie auf Robert Habecks Bäckervergleich bei "maischberger" ansprach.

Gitta Conneman: Beschwichtigt Tarek Al-Wazir die Energiekrise?

Daraufhin versuchte Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir Habecks Äußerung zu erklären. "Die Bäcker waren das falsche Beispiel. Aber bei Corona haben wir 100.000 Friseuren und 200.000 Gaststätten das Wirtschaften verboten, da gab's Hilfsprogramme, und dann konnten sie wieder wirtschaften." Diese Krise wird schwerer sein, "weil sie wirklich alle trifft", so der Grünen-Politiker. "Das ist so. Die Energiemärkte sind außer Rand und Band". Das liegt an Putin, der nicht nur einen Angriffskrieg in der Ukraine, sondern auch "einen Energiekrieg gegen uns" führt. "Deswegen müssen wir die Energiemärkte wieder ordnen", soTarek Al-Wazir. Man muss in die Energiemärkte eingreifen, weil die Preise unbezahlbar seien, endete er. Es wurde dann etwas undurchsichtig, fand Plasberg. Deshalb ging es zunächst mit der Strompreisbremse und den Folgen für die Betriebe weiter.

Was passiert, wenn sich die Lage weite verschärft. "Dann bleiben die Öfen und die Lichter aus", sagte Gitta Connemann und fügte hinzu: "Es ist keine Panikmache sondern ein Hilferuf", denn laut der Bäckereiinnung würden "50 Prozent der Bäckereien nicht mehr da sein, wenn die Entwicklung so weiter geht". In diesem Punkt würdeTarek Al-Wazir mit seiner Aussage nur beschwichtigen, so die CDU-Politikerin. "Die Betriebe brauchen jetzt ein Signal aus der Ampel, wir werden gesehen. [...] Dieses Signal haben sie nicht, weil sie bislang in den Entlastungspaketen nicht vorkommen. Mit einer Ausnahme: Industriebäckereien erhalten einen niedrigeren Energiepreis als Handwerksbäckereien.

Conneman betonte auch, dass geguckt werden müsse, wo würde viel Energie benötigt, um dort Hilfen anzubieten. Tarek Al-Wazir wollte Connemans ewige "Beschwichtigungs"-Aussagen nicht so auf sich sitzen lassen und erklärte, dass er sagte, dass es "härter wird". Im Laufe des Gesprächs sagte er auch das es "Zuschüsse auch für Handwerksbetriebe" gebe. Das sei nicht richtig tönten Conneman und Künne. "Natürlich", so der Grünen-Politiker: "Das hat Robert Habeck letzte Woche im Bundestag angekündigt, da saßen Sie doch drin". Daraufhin sagte Conneman: "Er hat viel angekündigt, aber er hat es nicht umgesetzt."

Grünen-Politiker wirft CDU-Politikerin ein Ablenkungsmanöver vor

Aufgrund der Stromknappheit sprach die Runde bei "hart aber fair" auch über die Atomkraftwerke. Es sei "ein Wahnsinn, drei in Betrieb befindliche Kernkraftwerke, die zehn Millionen Haushalte in Deutschland mit Strom versorgen, zum 31.12. abzustellen – ohne Ersatz", ärgert sich Conneman. "Wir müssen jede Kilowattstunde retten, die wir retten können". Damit das gelingt müsse über eine neue Strategie nachgedacht werden, sagte Stefan Kooth. Alle Möglichkeiten, die zusätzliche Kapazität in in den Markt bringt, könne in ein bis zwei Jahren den Strompreis schon deutlich senken. Es wurde ein Beitrag über Preußen Elektra eingeblendet und danach über den Reservebetrieb gesprochen. Laut dem Betreiber sei ein Reservebetrieb "technisch nicht machbar", "Dieser Brief von Preussen Elektra ist am Rande einer Unverschämtheit", sagte Al-Wazir. "Sie müssen keinem Grünen erklären, wie ein Atomreaktor funktioniert!" Habeck sei hier missverstanden worden, denn der Vizekanzler forderte nie, dass die Kernkraftwerke als Notfallbetrieb bei Energieengpässen einspringen sollen.

Für Al-Wazir würden die Oppositionsparteien mit der Atomkraftdebatte nur ablenken wollen. Der Weiterbetrieb löst das Problem nicht, denn die laufenden Kraftwerke speisen nur fünf Prozent des benötigten Stroms in das Netzwerk ein. Die drei Meiler würden zurzeit zehn Millionen Haushalte mit Strom versorgen. "Ab dem 1.1. werden die nicht mehr versorgt", so Connemann. Das würde die Preise am Energiemarkt beeinflussen. Al-Wazir reagierte daraufhin verärgert. Denn die Union hätte den Ausbau erneuerbarer Energien blockiert und deshalb sei der Weiterbetrieb von zwei AKWs nun nötig.

Atomdebatte als Symbolpolitik

Während Al-Wazir die Union den schwarzen Peter zuschiebt, hält Kooth die Atomdebatte für Symbolpolitik, "denn das Problem hört ja im April nicht auf". Viel wichtiger sei es, sich anzugucken, inwieweit die Atomenergie für die Energieversorgung der nächsten fünf bis zehn Jahre helfen kann. 

Bis dahin heißt es sparen, sagte Journalist Hermann-Josef Tenhagen. Er rät Verbraucher:innen zurück zum Grundversorger zu gehen und Thermostate in den Heizkörpern einzubauen. Frau Kunne helfen die Spartipps aktuell nicht weiter. Sie wünscht sich endlich Hilfe von der Bundesregierung zu erhalten. "Denn sonst schaffen wir das nicht".

Zuschauer:innen schockiert über Atomdebatte und falsche Zahlen in Frank Plasbergs Sendung

Viele Zuschauer:innen hätten sich angesichts der derzeitigen Lage, Lösungen gewünscht, anstatt ein Schlagabtausch zwischen Grünen- und CDU-Politiker:innen. "Sehr gute Kritik! #hartaberfair sollte mit dem Moderator-Wechsel überarbeitet werden. Ich schaue sie aktuell nicht mehr, da es fast nur noch darum geht, konträre Meinungen, Parteipositionen & Emotionen aufeinander prallen zu lassen, anstatt sachlich Lösungsansätze zu erörtern", schreibt ein Nutzer auf Twitter. "Bei #hartaberfair wird also wieder geglaubt AKWs hätten einen Einfluss auf die Energiepreise, obwohl seit Wochen erklärt wird das teuerste Kraftwerk diktiert den Preis. Und ohne Gas geht es nicht. Das nennt man Populismus, oder", meint ein weiterer User. Ein anderer Nutzer bemerkte, dass Gitta Conneman wohl falsche Zahlen angab. "Woher @gitta_connemann wohl die Phantasiezahl von 10 Mio.nimmt? #Deutschland hat ca.41,5 Mio Haushalte. 11,3 % Anteil an der Energieversorgung hat Kernenergie! Macht keine 10 Mio. Offensichtlich macht beim Lobbyistenklub der #CDU-Wirtschaftsunion 1+1 jetzt 4".

Die aktuelle Folge von "hart aber fair" gibt es als Video-en-Demand in der ARD-Mediathek.

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/bua/news.de

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