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Coronavirus-Pandemie in Deutschland: Knallhart-Lockdown vor Ostern? Corona-Gipfel könnte vorverlegt werden

Kommt die nächste Bund-Länder-Runde früher als erwartet? Nur wenige Tage nach der letzten Schalte werden nicht nur Rufe nach einem scharfen Lockdown lauter - sondern auch nach einem neuen Corona-Gipfel. Doch nicht alle Länder scheinen diesen Weg mitzugehen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel könnte früher als geplant zu einer neuen Corona-Krisensitzung von Bund und Ländern laden. (Foto) Suche
Bundeskanzlerin Angela Merkel könnte früher als geplant zu einer neuen Corona-Krisensitzung von Bund und Ländern laden. Bild: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Nur wenige Tage nach der letzten Bund-Länder-Runde scheint sich die Stimmung zu drehen. Die Forderungen nach einem harten Lockdown und nach einem neuen Corona-Gipfel werden lauter. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stellte für Anfang der Woche weitere Gespräche zwischen Bund und Ländern über einen harten Lockdown in Aussicht.

Neuer Corona-Gipfel noch vor Ostern? Steigende Neuinfektionen fordern rasches Handeln der Politik

"Erstmal überlegen wir alle solche Sachen", sagte Kretschmann am Samstagabend in Stuttgart. "Wir müssen das auch mit anderen Ländern vorbesprechen, mit dem Bundeskanzleramt. Wir sehen halt, die Zahlen rasen förmlich hoch." Bei den Gesprächen am Montag und Dienstag müsse man "zu Klarheit kommen". Ob die nächste Konferenz der Ministerpräsidenten, die im April geplant ist, vorgezogen werden muss, sagte der Grüne nicht. Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatte einen raschen neuen Corona-Gipfel gefordert.

Trotz dritter Infektionswelle: Berlin will Lockdown-Lockerungen beginnen

Das Land Berlin will in der Corona-Pandemie hingegen einen neuen Weg einschlagen, um trotz wieder steigender Infektionszahlen aus dem Kreislauf aus Öffnen und Schließen herauszukommen. Deshalb bleiben einerseits vorsichtige Lockerungen etwa in Handel und Kultur bestehen, werden aber durch neue und verschärfte Regeln vor allem im Hinblick auf das Testen ergänzt. Die sogenannte Notbremse kommt damit nicht in der Form zum Tragen, wie sie Bund und Länder beschlossen hatten. In Mecklenburg-Vorpommern wurden die Corona-Maßnahmen jedoch teilweise verschärft. In Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 sind künftig nächtliche Ausgangsbeschränkungen möglich.

Harter Lockdown statt Stückwerk gefordert: Beschlüsse von Bund und Ländern in der Kritik

Der Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf sprach sich in der "Bild am Sonntag" klar für einen harten Lockdown aus. Es müsse endlich aufhören, dass jede Kommune ihren eigenen Sonderweg gehen könne. "Es wäre mir lieber, wenn wir noch mal zehn Tage bundesweit in einen harten Lockdown gehen und danach überall öffnen können, anstatt über Monate keine klaren Strukturen zu haben." Wolf kritisierte die Ministerpräsidentenrunde deutlich:"Ihre Beschlüsse gehen seit Monaten völlig an den Bedürfnissen und Wünschen der Menschen und Betriebe vorbei."

Kanzleramtschef Braun warnt vor neuen Virusmutationen

Kanzleramtschef Helge Braun (CDU)sprach sich ebenfalls für ein härteres Vorgehen aus. "Wenn jetzt parallel zum Impfen die Infektionszahlen wieder rasant steigen, wächst die Gefahr, dass die nächste Virus-Mutation immun wird gegen den Impfstoff", sagte er der "Bild am Sonntag". Im Falle einer solchen Mutation "stünden wir wieder mit leeren Händen da", so Braun weiter. Dann bräuchte es neue Impfstoffe. Er forderte unter anderem regionale Ausgangsbeschränkungen.

Bundesgesundheitsminister Spahn für "10, 14 Tage mindestens richtiges Runterfahren"

Angesichts schnell steigender Coronavirus-Infektionszahlen plädiert Bundesgesundheitsminister Jens Spahn für einen erneuten Lockdown. "Wenn wir die Zahlen nehmen, auch die Entwicklungen heute, brauchen wir eigentlich noch mal 10, 14 Tage mindestens richtiges Runterfahren unserer Kontakte, unserer Mobilität", sagte der CDU-Politiker am Samstag bei einer Online-Diskussionsveranstaltung der Bundesregierung, bei der Bürgerinnen und Bürger Fragen stellen konnten. Er appellierte an die Bürgerinnen und Bürger, "im Zweifel auch mehr als die staatlichen Regeln" umzusetzen.

Wenn es gelinge, die dritte Welle zu brechen, dann gebe es danach auch die Aussicht auf Öffnungsschritte in Regionen mit niedrigen Infektionszahlen, sagte Spahn. Mehr Tests und Impfungen sollen auch helfen. Im April und Mai solle es mehr Impfungen geben als im gesamten ersten Quartal. Er rechne damit, dass Ende April/Anfang Mail in 80.000 bis 100.000 Arztpraxen Coronavirus-Impfungen verabreicht werden.

Ärzteschaft schlägt Alarm: Geplante Lockerungen sofort zurücknehmen

Auch Christian Karagiannidis, Präsident der Intensivmediziner-Gesellschaft DGIIN, forderte angesichts der stark steigenden Infektionszahlen einen harten zweiwöchigen Lockdown und sofortigen Stopp aller geplanten Öffnungsschritte. "Die Beschlüsse für Modellprojekte nach Ostern sind völlig unpassend und müssen von Bund und Ländern sofort zurückgenommen werden", sagte Karagiannidis, der auch wissenschaftlicher Leiter des Divi-Intensivregisters ist, der "Rheinischen Post" (Samstag).

Lockerungen trotz 3. Welle? Saarland plant Öffnungsschritte

Trotz der seit längerem steigenden Zahlen hatten Bund und Länder auf der Ministerpräsidentenkonferenz zu Beginn der Woche beschlossen, dass die Länder in "ausgewählten Regionen" in "zeitlich befristeten Modellprojekten" einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens testweise öffnen dürfen, "mit strengen Schutzmaßnahmen und einem Testkonzept". Mehrere Länder haben angekündigt, gleich mehrere Modellregionen entsprechend zu öffnen. Das Saarland will nach Ostern sogar das ganze Land öffnen - bisher auch ohne eine Befristung.

Karl Lauterbach fordert neuen Corona-Gipfel von Bund und Ländern

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte angesichts stark steigender Neuinfektionszahlen zeitnah erneute Corona-Beratungen. "Wir müssen rasch nochmal neu verhandeln", sagte Lauterbach dem "Tagesspiegel" (Samstag). "Ohne einen scharfen Lockdown wird es nicht gehen", betonte er und verteidigte seine Forderung nach bundesweiten Ausgangssperren. "Ausgangsbeschränkungen ab 20 Uhr für zwei Wochen würden wirken - wir haben es in Frankreich, Großbritannien und Portugal gesehen."

Aus Sicht der Linken-Co-Vorsitzenden Janine Wissler muss die Arbeitswelt stärker in die Anti-Corona-Maßnahmen einbezogen werden. "Im Moment ist es so, dass die Betriebsbeschränkungen am Betriebstor enden, aber die Corona-Infektionen enden nicht am Betriebstor", sagte Wissler im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks. "Wir haben viele Menschen in diesem Land, die ganz normal zur Arbeit gehen, die jeden Tag in Großraumbüros fahren, in Call-Zentren, in Fertigungshallen. Und dort finden Infektionen statt." Busse und Bahnen seien voll.

"Ich finde, wenn die Zahlen weiter so in die Höhe gehen, dann muss man auch darüber reden, dass nicht dringend notwendige Produktion ein paar Tage stillgelegt werden muss, um einfach die Infektionsketten zu brechen", sagte Wissler. Wenn man die Zahlen nicht runter bekomme und in eine Dauerschleife gerate, dann sei das auch wirtschaftlich kurzfristig gedacht.

Umfrage: Ein Drittel der Deutschen ist für härteren Lockdown

Inzwischen sprechen sich auch wieder mehr Menschen für eine Verschärfung als eine Lockerung der Maßnahmen aus, wie das ZDF-Politbarometer ergab. Mehr als ein Drittel (36 Prozent) will sie verschärfen, knapp ein Drittel (31 Prozent) beibehalten und ein Viertel (26 Prozent) lockern.

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/news.de/dpa

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