Von news.de-Redakteurin Ines Weißbach, Hamburg - Uhr

Strip-Pokermeister: Wer verliert, zieht blank

Der Schlüpfer bleibt an - das ist die wichtigste Regel beim Finale der 1. Deutschen Strip-Pokermeisterschaft. Ansonsten wird viel nackte, teils professionelle Haut gezeigt. Wie die der Stripperin mit der «Arschkarte».

Gewinnerlächeln: Marcel war der bester Pokerer und darf nach Las Vegas fliegen. Melody hatte ihm ein paar gute Karten gedealt. (Foto) Suche
Gewinnerlächeln: Marcel war der bester Pokerer und darf nach Las Vegas fliegen. Melody hatte ihm ein paar gute Karten «gedealt». Bild: news.de

Ein Kondomhersteller richtet die 1. Deutsche Strip-Pokermeisterschaft aus. Schlüpfrig, finden viele, die trotzdem teilnehmen. Für die Presse hat deshalb im Docks Club auf der Hamburger Reeperbahn fast jeder nur einen Vornamen. So wie Garlef.

Er ist mit 53 scheinbaren Pokerenthusiasten im Finale dabei, dank einer Wildcard, um die er sich erst tags zuvor beworben hatte. Andere haben die Vorentscheidungen - sogenannte Playoffs - in Köln, Dresden und Berlin gewonnen und sind so an den ovalen Tischen auf Deutschlands sündiger Meile gelandet. Garlef ist Hamburger und Mitglied in einem Pokerclub, er spielt zweimal die Woche. Dass er den Hauptpreis gewinnen könnte, eine Las-Vegas-Reise, findet der 31-Jährige deshalb gar nicht so abwegig. 250 Euro hat er immerhin schon mal beim Pokern im Internet gewonnen.

In der Vorrunde des Finales wird an vier Tischen gespielt - «Speed Sit & Go Texas Hold'em Unlimited», heißt der Modus, und laut Moderator Olaf ist das die beliebteste Pokervariante weltweit. Jeder Spieler bekommt zwei verdeckte Karten, in der Mitte des Tischs werden fünf weitere aufgedeckt. Mit den Gemeinschaftskarten können alle Spieler am Tisch ein Pokerblatt aus insgesamt fünfen bilden.

Wer einmal verliert, zieht blank. Und zwar komplett, bis auf die Unterhose, die aus Werbegründen einheitlich vom Kondomproduzenten gestellt und deshalb anbehalten wird. Nur wer alles weitere freilegt, darf dann noch weiterspielen. Nochmals Verlieren heißt jedoch, den Tisch verlassen.

Garlef sitzt mit sieben Spielern und zwei Spielerinnen am Tisch und grinst - gutes Blatt. «Wie gut ich dann allerdings spiele, ist tagesformabhängig», sagt der junge Mann mit den langen braunen Haaren. Um ihn herum sind alle hochgeschlossen - noch. Chips werden verteilt, Karten gegeben und aufgedeckt, Begriffe wie «All in», «Call», «Showdown» werden in den düsteren, verrauchten Raum gewispert, Chipstapel vergrößern und verkleinern sich.

Das Zeichen zum Ausziehen

Kartendealerin Cynnia, eigentlich Studentin, läutet ein Glöckchen. Soll heißen, gleich gibt's nackte Haut zu sehen. «Bei Frauen fallen die Klamotten schneller», hatte sie noch vor Spielbeginn gesagt und geschmunzelt. Sie wird jedoch nicht Recht behalten. Denn der erste Stripper ist männlich. Ingo aus Hannover zieht seinen Gürtel auf eine Art, die er für lasziv hält, aus der Hose, lässt ihn über dem Kopf kreisen. Kombiniert mit gut gemeinten, aber steifen Hüftbewegungen. Er will ins Finale, so scheint es, denn wer hier nicht mit Pokerkünsten überzeugt, kann sich durch einen besonders ausgefallenen Strip qualifizieren. «Wieder ins Spiel einkaufen», nennt Olaf das.

Ingo packt's trotzdem nicht, muss als Erster gehen. «Ich bin erleichtert, das wollte ich, entweder als Erster oder Letzter gehen. Alles andere ist langweilig», sagt der Hannoveraner, der morgen als Einkäufer statt nur Billy-Boy-Unterhose wieder Hemd und Krawatte tragen wird.

Ihre normale Arbeitsbekleidung zeigt Livia, die erste Frau mit schlechten Karten, erst, als sie schon ausgezogen ist. «Das ist eine lustige Art zu strippen», erklärt die 24-Jährige den Grund, warum sie hier ist. Da komme ihr die «Arschkarte» gerade recht, weil sie zeigen könne, was sie hat. Schließlich ist Strippen ihr Beruf. Und so zieht sie auch nach der Pleite beim Pokern die Aufmerksamkeit von Teilnehmern, Presse und Zuschauern auf ihre langen, spärlich mit Strumpfband bekleideten Beine, den schwarzen Spitzenstring und die abgeklebten Nippel.

Fettpolster als Grund, angezogen zu bleiben

Den Nebentisch verlassen zwei Dresdnerinnen angezogen. «Mir sind hier zu viele Kameras. Bei der Vorrunde habe ich mich noch ausgezogen», sagt eine in die Linsen und Objektive. Der Spaß solle im Mittelpunkt stehen, nicht das Nacktsein. Deshalb redet sich die andere mit Bedenken wegen ihres Jobs und zu vielen Fettpolstern heraus, während ihr Blick über die vier Tische schweift, an denen sich immer mehr nackte Haut zeigt.

Sobald eine der wenigen Frauen strippt, überrennen sich die Fotografen und Kameramänner im Kampf ums beste Bild von ausnahmslos knackig-kleinen Hinterteilen und teils sehr plastisch-kugelförmigen Brüsten. Männer mit Waschbrett- über Bär- bis Schwabbelbäuchen müssen da schon intensivere Strips hinlegen, um soviel Applaus und Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. «Ich weiß nicht, welche von den Frauen hier nicht gekauft ist», kommentiert Garlef kopfschüttelnd die Situation.

Aber auch der Hamburger selbst scheint sich von den nackten Hinguckern ablenken zu lassen. Denn plötzlich verliert er, muss selbst strippen, während sich die Chips bei seinem Nebenmann Jan stapeln. Vielleicht liegt es an der verspiegelten Sonnenbrille, die er trägt. «Man muss ja was tun, um aufzufallen», sagt der Elektroniker aus Köln. Mit bebrilltem Pokerface wirft er Garlef aus dem Spiel und kommt ins Finale, wo Jan zum ersten Mal tatsächlich Klamotten lassen muss und gegen Marcel verliert.

Obwohl er auch schon Hemd und Hose abgelegt hat, wird der 27-Jährige aus Wansbek-Gartenstadt nach fünf langen Strip-Pokerstunden erster deutscher Meister. Bevor er sich dann für die Kameras auf dem Pokertisch räkelt, wird der Arbeitsamt-Mitarbeiter von seinen nackten Mitstreitern geherzt.

Zu dieser Zeit ist Garlef längst zuhause. War eh nur ein Spaß für ihn. Eine Karriere als Profi-Pokerspieler? Das könnte sich der 31-Jährige auf keinen Fall vorstellen. «Das wäre doch ungesund fürs Herz, wenn es um Summen von 100.000 Euro geht. Viel zu stressig.» Aber beim Strip-Poker gewinne auf jeden Fall das Auge.

iwi/ivb/news.de

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