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Sankt-Marien Hospital Buer Gelsenkirchen: Viele Babys mit Fehlbildungen geboren! Experten warnen vor Panikmache

Die Geburt eines Babys sollte ein besonders glücklicher Moment sein - doch in einem Krankenhaus in Gelsenkirchen wurden mehrere frischgebackene Mütter mit unverhofften Missbildungen ihrer Babys konfrontiert. Die Ursachen geben Rätsel auf. Doch Experten warnen vor einer Panikmache.

In einem Krankenhaus in Gelsenkirchen (NRW) sind innerhalb kurzer Zeit mehrere missgebildete Babys geboren worden - die Ursache dafür ist rätselhaft (Symbolbild). (Foto) Suche
In einem Krankenhaus in Gelsenkirchen (NRW) sind innerhalb kurzer Zeit mehrere missgebildete Babys geboren worden - die Ursache dafür ist rätselhaft (Symbolbild). Bild: Adobe Stock / natalialeb

In einem Krankenhaus in Nordrhein-Westfalen hat es eine ungewöhnliche Häufung von Neugeborenen mit Handfehlbildung gegeben. Im Sankt Marien-Hospital Buer in Gelsenkirchen waren zwischen Juni und Anfang September drei betroffene Kinder auf die Welt gekommen, wie die Klinik in einer Stellungnahme auf ihrer Homepage mitteilte.

Ungewöhnliche Häufung! Missgebildete Babys in Gelsenkirchen machen Ärzte stutzig

"Das mehrfache Auftreten jetzt mag auch eine zufällige Häufung sein. Wir finden jedoch den kurzen Zeitraum, in dem wir jetzt diese drei Fälle sehen, auffällig." Fehlbildungen dieser Art habe man in der Klinik viele Jahre nicht gesehen, hieß es. Hebammenvertreterinnen hatten auf die Fälle aufmerksam gemacht, mehrere Medien berichteten.

Die Klinik erklärte nun in einer weiteren Stellungnahme: "Bei zwei der betroffenen Kinder war die linke Hand deformiert – bei normalem Unterarm waren die Handteller und Finger nur rudimentär angelegt. Bei einem Kind war die rechte Hand betroffen, auch hier waren bei normalem Unterarm die Handteller und Finger nur rudimentär angelegt."

Weitere Parallelen zwischen den Neugeborenen konnte die Klinik jedoch nicht ziehen: "Wir konnten keine ethnischen, kulturellen oder sozialen Gemeinsamkeiten der Herkunftsfamilien sehen. Alle Familien wohnen im lokalen Umfeld." Und zwar im nördlichen Ruhrgebiet.

Häufung von Handfehlbildungen in Gelsenkirchen - Alle aktuellen Informationen im News-Ticker

+++ 18.09.2019: Experten warnen bei Hand-Fehlbildungen vor voreiligen Schlüssen +++

Experten der Mainzer Uniklinik haben nach der ungewöhnlichen Häufung von Hand-Fehlbildungen bei Neugeborenen an einer Klinik in Nordrhein-Westfalen vor voreiligen Schlüssen gewarnt. Der Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin, Fred Zepp, sprach «erstmal nur von einem frühen Signal». Es müsse jetzt untersucht werden, wie stark sich die Befunde der Hand-Fehlbildungen ähnelten und ob es sich tatsächlich um eine Häufung oder nur um zufällige Ereignisse handle, sagte er am Mittwoch in Mainz.

Im Gelsenkirchener Sankt Marien-Hospital Buer waren in zwölf Wochen drei Kinder mit fehlgebildeten Händen geboren worden. Die Bundesländer wollen bei Krankenhäusern nun abfragen, ob ähnliche Fehlbildungen aufgefallen sind.

Vor Panikmache warnten auch einige Mediziner im MDR. Der Leiter des Fachbereiches Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin am Uniklinikum Dresden, Mario Rüdiger, beispielsweise sagte: «Es gibt gelegentlich die Situation, dass eine seltene Erkrankung für eine lange Zeit nicht aufgetreten ist, und dann plötzlich mehrere Kinder nacheinander betroffen sind.»

Die Mainzer haben von 1990 bis 2016 in einem Geburtenregister alle Neugeborenen in der Region erfasst und dabei in Rheinhessen keine Häufung von Hand-Fehlbildungen festgestellt. Dies gelte auch für die vergangenen zwei, drei Jahre. In den mehr als 25 Jahren des Geburtenregisters seien fast 100 000 Neugeborene untersucht und erfasst worden.

Die Mainzer Mediziner forderten solche Register für 10 bis 15 Prozent der jährlich mehr als 700 000 Geburten in Deutschland. Dies wäre eine hervorragende Basis für Fragen zu neu entstehenden Fehlbildungen. Ein nationales Register für Fehlbildungen sei aber nicht notwendig. So gibt es in Mecklenburg-Vorpommern keine auffällige Häufung von Fehlbildungen. Das teilte das Gesundheitsministerium in Schwerin am Mittwoch mit.Auch eine Abfrage der Stadt Hamburg bei Kliniken kam zu keinem auffälligen Ergebnis.

+++ 14.09.2019: Babys mit Fehlbildungen: Ministerium will alle NRW-Kliniken abfragen +++

Nach einer ungewöhnlichen Häufung von Fehlbildungen bei Neugeborenen an einer Gelsenkirchener Klinik will sich Nordrhein-Westfalens Gesundheitsministerium einen genaueren Überblick verschaffen. Das Ministerium werde alle Klinken in NRW abfragen, ob dort ähnliche Fehlbildungen aufgefallen seien, sagte eine Sprecherin der Düsseldorfer Behörde am Samstag auf Anfrage. Man nehme die Berichte über solche Fälle "sehr ernst". "Darüber hinaus nehmen wir Kontakt mit den Ärztekammern, dem Bund und den anderen Bundesländern auf, um möglichen Ursachen mit aller Sorgfalt nachzugehen." Ob ein Melderegister der richtige Weg sei, gelte es gemeinsam zu prüfen, sagte die Sprecherin.

Im Sankt Marien-Hospital Buer in Gelsenkirchen waren zwischen Mitte Juni und Anfang September drei Kinder mit fehlgebildeten Händen geboren worden. Zuvor hatte es dort nach Angaben der Klinik jahrelang keinen einzigen Fall gegeben. Bei allen drei Kindern sei jeweils eine Hand betroffen. An dieser Hand seien Handteller und Finger nur rudimentär angelegt. In der Klinik wurden 2018 nach eigenen Angaben mehr als 800 Kinder geboren.

+++ 14.09.2019: Babys mit Fehlbildungen: Gesundheitsministerium für rasche Klärung +++

Das Bundesgesundheitsministerium von Jens Spahn (CDU) hat sich zurückhaltend zu den Fällen von Babys mit fehlgebildeten Händen in Gelsenkirchen geäußert. Zu den konkreten Fällen lägen keine Erkenntnisse vor, teilte ein Ministeriumssprecher am Samstag in Berlin mit. "Wenn es eine auffällige Häufung von Fehlbildungen bei Neugeborenen geben sollte, muss das so schnell wie möglich geklärt werden", erklärte er. Das Ministerium begrüße, dass das betreffende Krankenhaus Kontakt zur Berliner Charité aufgenommen habe.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach rief Spahn in der "Bild"-Zeitung dazu auf, "dringend eine Studie in Auftrag zu geben, die systematisch die Daten der Kliniken und die Häufigkeit der Fälle erfasst". Das Bundesgesundheitsministerium erklärte, Informationen zu Fehlbildungen beinhalteten insbesondere die Perinatalstatistik sowie die Krankenhausdiagnosestatistik. Der Begriff perinatal bedeutet im medizinischen Sprachgebrauch den Zeitraum kurz vor, während und kurz nach der Entbindung betreffend. Ein nationales Fehlbildungsregister existiere nicht.

Das Ministerium teilte mit, laut einer Bundesauswertung zur Perinatalstatistik des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen seien 2017 in Deutschland 6884 Kinder mit Fehlbildungen in Krankenhäusern geboren worden. Damit seien etwa 0,89 Prozent der Neugeborenen von Fehlbildungen betroffen gewesen. Die Perinatalstatistik verzeichnet nach Angaben des Ministeriums die Zahl der mit Fehlbildungen geborenen Kinder, sie beinhaltet jedoch keine Informationen über die Art der Fehlbildung.

+++ 13.09.2019:3 Fälle in 12 Wochen!Wie häufig kommen Fehlbildungen bei Neugeborenen laut Statistik vor? +++

Nicht nur in Nordrhein-Westfalen, auch in Frankreich sei es zuletzt zu gehäuft auftretenden Fehlbildungen bei Neugeborenen gekommen. Der "Bild" zufolge seien mindestens 25 Fälle solcher Abnormitäten belegt. Hebammen zufolge, die sich unter anderem im Kölner "Express" und in der "Bild" äußerten, hätten sich nach Bekanntwerden der Fälle von Gelsenkirchen weitere betroffene Eltern zu Wort gemeldet. Wie hoch die tatsächliche Zahl der missgebildeten Neugeborenen ist, wurde nicht mitgeteilt.

Statistisch würden etwa 1 bis 2 Prozent aller Neugeborenen mit einer Fehlbildung unterschiedlicher Ausprägung geboren, wie die Gelsenkirchener Mediziner erläuterten. Extremitätenfehlbildungen könnten während der Schwangerschaft unter anderem durch Infektionen auftreten, seien insgesamt aber selten. Der entscheidende Entwicklungszeitraum liege sehr früh in der Schwangerschaft, zwischen dem 24. und 36. Entwicklungstag nach der Befruchtung der Eizelle, wie das Sankt Marien-Hospitals Buer schreibt. "Eine ebenfalls mögliche Ursache ist das Abschnüren von Extremitäten durch Amnionbänder oder Nabelschnurumschlingungen während der Schwangerschaft im Mutterleib, was zu einer verminderten Weiterentwicklung der betroffenen Extremität führt."

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/news.de/dpa

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