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Volkswagen Touareg R im Fahrbericht: Das neue SUV-Flaggschiff kommt als Plugin-Hybrid

Volkswagen bedient mit dem Touareg R das Luxus-Segment und setzt eher auf klassische Werte wie Beschleunigung, Leistung und komfortable Ausstattung. Heraus kommt ein 2,5-Tonnen-SUV. Ob das aktuell noch zeitgemäß ist, bleibt fraglich.

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Der news.de-Nachrichtenüberblick Bild: Istockphoto

Wenn ein neues Modell der „Performance-Marke Volkswagen R" vorgestellt wird, sind die Erwartungen hoch – ganz besonders wenn es sich um das Spitzenmodell der Touareg-Baureihe handelt, die den oberen Abschluss der VW-Palette bildet. Denn, so verkündet es eine Pressemitteilung vom Herbst 2019: Volkswagen R steht „für die sportlichsten Modelle im Volkswagen-Portfolio".

Und es gibt eine eindrucksvolle Historie von Power-Touaregs: In der ersten Generation bot Volkswagen den R50 mit 351 PS (258 kW) starkem V10-TDI-Motor feil, und es gab sogar einen 6,0-Liter-W12 mit damals geradezu unglaublichen 450 PS (331 kW). Die aktuelle, dritte Touareg-Generation wartete ab 2019 mit einem 422 PS (310 kW) starken 4,0-Liter-V8-TDI auf. Das seidenweiche Aggregat verlieh diesem SUV ein überragendes Alleinstellungsmerkmal. Wie kann ein R-Modell dies noch übertreffen?

Volkswagen Touareg R auf maximale Leistung getrimmt dank Plugin-Hybrid

Mit einem Plug-in-Hybrid, so lautet die Antwort aus Wolfsburg. 462 PS (340 kW) leistet der neue Touareg R, dem ein per Software auf 381 PS (280 kW) gedrosseltes Schwestermodell namens Touareg e-Hybrid zur Seite steht. Herzstück beider Varianten ist der aus dem Einstiegsmodell bekannte V6-Ottomotor mit 3,0 Litern Hubraum, der von einem im Getriebe untergebrachten Elektromotor unterstützt wird. Im Heck sitzt ein Hochvolt-Akku, der den Gepäckraum von 810 auf 610 Liter reduziert. Als Elektroauto kann damit der VW Touareg R eher nicht gelten, geht es bei der R-Linie doch vor allem um Leistung und sportliche Werte.

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VW Touareg R im Realbetrieb durstig

Das maximale Drehmoment des Touareg R liegt bei 700 Newtonmetern, beim e-Hybrid sind es 600 Nm. Das sind achtbare Werte, die allerdings deutlich hinter die 900 Nm des V8 TDI zurückfallen. Für den Spurt von 0 auf 100 km/h verstreichen 5,1 Sekunden, beim e-Hybrid sind es 6,3 Sekunden, die Spitze ist jeweils bei 250 km/h abgeregelt.

Erhebliche Unterschiede gibt es beim Verbrauch: War der verflossene V8 TDI mit einem Zyklusverbrauch von 7,4 Litern pro 100 Kilometer zertifiziert, so sind es beim hybridisierten Touareg R lediglich rund 2,5 Liter pro 100 Kilometer. Das klingt aber deutlich nach einer Mogelpackung. Offenbar hat man bei Volkswagen, anders als z.B. die Marktbegleiter aus Skandinavien, nichts aus den aktuellen Umweltdebatten und dem Dieselgate gelernt.

Ähnlich groß, allerdings in die andere Richtung, sind die Unterschiede im Realbetrieb. „Selbst bei forcierter Gangart werden kaum mehr als zwölf Liter in die Brennkammern injiziert", schrieben wir im vergangenen Jahr nach ausgiebigen Testfahrten mit dem V8 TDI, und prophezeiten: „Ein ähnlich starker Benziner, ob mit oder ohne Hybridisierung, würde dabei locker an die 20 Liter konsumieren – oder mehr."

Diese Vermutung hat sich jetzt weitgehend bestätigt. Bei unseren Testfahrten im Harz kamen wir im e-Hybrid bei einer Gesamtstrecke von nur 156 Kilometern auf einen Durchschnittsverbrauch von 17,3 Litern pro 100 Kilometer. Dabei hatte sich die zuvor randvolle Batterie restlos geleert. Bei der deutlich zurückhaltenderen Rückfahrt in einem Touareg R auf gleicher Strecke ermittelten wir rund 8,5 Liter Verbrauch bei gleichfalls völlig leergefahrenem Akku. Mit einem Diesel wären nach unserer Einschätzung leicht weniger als sieben Liter möglich gewesen – ohne die komplexe, platzraubende und unter Umweltaspekten fragwürdige Hochvolt-Batterie.

VolkswagenTouareg R mit sehr magerer elektrischer Reichweite

Natürlich lassen sich auch mit einem Plug-in-Touareg sehr niedrige Verbräuche zu erzielen. Wer sich ein derartigen Oberklasse-SUV für den Kurzstreckenverkehr zulegt, kann den Zyklusverbrauch sogar noch unterbieten, und zwar bis zum Nullpunkt. Schließlich kommt man elektrisch durchaus 35 bis 50 Kilometer weit – einen zurückhaltenden Gasfuß vorausgesetzt. Das ist für aktuelle Pluhin-Hybride eher sehr wenig aber ein 2,5 Tonnen-Trumm will halt auch bewegt werden. Generell gilt, dass sich aus dem Hybridantrieb vielleicht noch etwas mehr herausholen ließe, wenn die Antriebsstrategie des Touareg noch besser auf die gefahrene Route abgestimmt wäre.

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VW Touareg R: Hervorragende Längsdynamik

Sowohl der e-Hybrid als auch die R-Variante bestechen durch ihre hervorragende Längsdynamik. Der Elektromotor spricht verzögerungsfrei an, und je nach Fahrsituation verstreicht nur ein kurzer Moment, bis die Acht-Stufen-Automatik die passende Übersetzung liefert. Der Unterschied zwischen beiden Varianten ist vor allem dann spürbar, wenn absolute Spitzenleistung gefordert wird. Doch schon die schwächere Variante geht mit solcher Vehemenz zur Sache, dass der Aufstieg zum Touareg R nicht unbedingt nötig erscheint.

Volkswagen Touareg R: besser nicht durch Kurven rasen

In Sachen Querdynamik liegen beide Modelle sogar auf dem gleichen, übrigens enttäuschend niedrigen Niveau. Sie beide gleiten zwar komfortabel über Unebenheiten hinweg und glänzen mit erstaunlicher Geländetauglichkeit, doch wenn zur Kurvenhatz geblasen wird, leiden sie an der komfortbetonten Federung und dem hohen Fahrzeuggewicht. Überraschen kann das nicht: Der Touareg R bringt über zweieinhalb Tonnen auf die Waage – eine halbe Tonne mehr als das V6-Einstiegsmodell, dessen Ottomotor er nutzt.

Besonders negativ wirkt sich das Fehlen der Fahrdynamiksysteme aus, die ausgerechnet bei diesen vermeintlich sportlichen Spitzenmodellen weder gegen Geld noch gute Worte zu bekommen sind. Die klassisch angetriebenen Touareg-Varianten sind nämlich gegen Aufpreis mit einer Wankstabilisierung zu bekommen, die jegliche Seitenneigung egalisiert, und die ebenfalls angebotene Hinterachslenkung steigert bei niedrigen Geschwindigkeiten Wendigkeit und Agilität entscheidend, während sie im Hochgeschwindigkeitsbereich für Stabilität sorgt. Beide Systeme sind in den Hybrid-Varianten aus Platzgründen nicht verfügbar.

Mehrgewicht zugunsten von Komfort beim VW Touareg R mehr als spürbar

Dabei wären sie gerade hier dringend nötig, um das Mehrgewicht zumindest teilweise zu kompensieren. Und so präsentiert sich ausgerechnet die R-Variante als schwerfälligste von allen: Träge neigt sich dieser Touareg in die Kurven, die Stabilitätskontrolle greift harsch ein, die Bremsanlage wird strapaziert.

Unbestritten sind die Qualitäten des Touareg als eine der überzeugendsten SUV-Baureihen auf dem Markt. Das Interieur ist geräumig und perfekt isoliert, und vor dem Fahrer spannt sich eine großflächige Armaturentafel auf, die im R serienmäßig mit dem futuristischen Innovision-Cockpit bestückt ist. Man merkt es der Baureihe an, dass sie als Schwestermodell der in einem späten Entwicklungsstadium gekippten zweiten Generation des Phaeton dienen sollte: Es wird Niveau der Luxusklasse geboten.

Auch die Assistenzsysteme funktionieren nahezu perfekt, es wäre allerdings wünschenswert, wenn der „Driving Assistent" nach manuellen Eingriffen automatisch wieder ans Werk gehen könnte. Denn er sorgt für eine deutlich bessere Spurführung als der reguläre Spurassistent, der dazu tendiert, zwischen den Fahrbahnmarkierungen hin- und herzupendeln. Und es wäre schön, wenn man die Fahrhilfen per Tastendruck direkt abschalten könnte. Denn manchmal stören sie einfach.

Innenausstattung beim Touareg R: edel in Chrom oder tiefschwarz

Zu den herausragenden Features gehört die Hifi-Anlage aus dem Hause Dynaudio; sie setzt im Segment nach wie vor Maßstäbe und dokumentiert den gehobenen Anspruch der Baureihe. Was fehlt, sind luxuriöse Elemente wie etwa ein Alcantara-Dachhimmel. Es wäre umso wichtiger, derartige Ausstattungen ab Werk anzubieten, da Volkswagen die für Individualisierung zuständige Abteilung ersatzlos gestrichen hat.

Der Touareg wirkt nobel, wobei sich das Erscheinungsbild der zwei Varianten deutlich unterscheidet: Der e-Hybrid trägt jenen gewaltigen Chrom-Kühlergrill vor sich her, mit dem sich die Designabteilung unter Klaus Zyciora an einer Interpretation chinesischer Geschmacksbilder versuchte; die R-Variante präsentiert sich mit tiefschwarzem Antlitz, das empfindsame Gemüter ebenfalls als überaus dominant wahrnehmen.

So martialisch der Touareg von vorne auftritt, so leise ist der Abschluss: Der Touareg ist das einzige R-Modell von Volkswagen, das über keine Vier-Rohr-Auspuffanlage verfügt, sondern die gleichen Auspuffblenden wie die profaneren Touareg-Varianten aufweist.

Kosten des SUV-Flagschiffs aus dem Hause VW

Mindestens 72.378 Euro müssen für einen Touareg e-Hybrid den Besitzer wechseln, der nochmals besser ausgestattete Touareg R kostet 84.660 Euro. Wer in diesem Segment einen Plug-in-Hybrid sucht, vielleicht weil er umsonst aufladen kann oder die staatlichen Subventionen mitnehmen möchte, der ist mit dem neuen Flaggschiffen gut bedient. Wer allerdings auf einen Touareg mit sportlichem Fahrzeugcharakter Wert legt, ist – auch nach dem beklagenswerten Ende des V8 TDI – mit jeder anderen Antriebsvariante besser bedient.

Daten Volkswagen Touareg R

Länge x Breite x Höhe (m): 4,88 x 1,98 x 1,72
Radstand (m): 2,90
Motor: V6-Benziner, 2995 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 250 kW / 340 PS
Max. Drehmoment: 450 Nm
Elektromotor: 100 kW / 136 PS
Drehmoment E-Motor: 400 Nm
Batterie: Hochvolt-Lithiumionenbatterie, 17,9 kWh
Systemleistung: 340 kW / 462 PS
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 5,1 Sek.
Elektr. Reichweite: 47 km
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 2,5 Liter
Leergewicht: min. 2533 kg
Kofferraumvolumen: 610 Liter
Max. Anhängelast: 3500 kg
Bereifung: 285/45 R 20
Luftwiderstandsbeiwert: 0,27
Basispreis: 84.660 Euro

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