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Viktor Staudt: Deshalb überlebte Viktor Staudt seinen Selbstmordversuch

Den Selbstmord überlebt – aber ohne Beine

Täglich fuhr Staudt vom Bahnhof Amsterdam RAI im Süden der niederländischen Hauptstadt zur Arbeit. Dort fasste er den Entschluss vor den Zug zu springen, sollte er die Probleme nicht mehr ertragen können. Mit 30 Jahren setzte er seinen Plan im November 1999 schließlich in die Tat um und wollte so dem «Nebel der Verzweiflung» ein Ende setzen.

Doch sein Suizid misslang. Er überlebte und wachte ohne Beine im Krankenhaus auf. Neben ihm seine verzweifelten Eltern. Doch in ihm sah es ganz anders aus. «Für mich war eins sicher: So geht es auf keinen Fall weiter. Jetzt war nur noch die Frage, wie komm ich da weg, wie komm ich da raus?», sagt Viktor Staudt im Nachhinein. Weiterführen wollte er sein Leben nach dem Selbstmordversuch unter keinen Umständen. Auch mit der neuen Situation ohne Beine leben zu müssen, wollte er sich nicht arrangieren.

Staudt begab sich im Internet auf die Suche nach jemandem, der ihm helfen könne. Jemanden, der Medikamente besorge, mit denen er seinem Leben endgültig ein Ende setzen könne. Soweit kam es nicht. «Ich hatte schreckliche Angst, dass es erneut nicht klappen würde und dass ich noch schlimmer dran sein könnte als jetzt - gelähmt oder Gott weiß was», gibt der Niederländer offen zu. Irgendwie hat er es geschafft, trotz der neuen Situation, dem Leben im Rollstuhl, durchzuhalten. «Es ist nicht so, dass ich mich für das Leben entschieden habe. Ich würde vielleicht eher sagen, das Leben hat sich für mich entschieden.»

Endlich Hilfe! Eine Ärztin diagnostiziert Borderline

2005 hatte Viktor Staudt einen weiteren Tiefpunkt in seinem Leben erreicht. Doch anders als vor seinem Selbstmordversuch, nahm sich die Ärztin dieses Mal Zeit für ihn. Diagnose: Borderline-Persönlichkeitsstörung. Seitdem nimmt er Antidepressiva. Und das hat das Leben des 45-Jährigen deutlich verbessert: «Ich glaube, im Endeffekt geht es mir nicht wesentlich besser oder schlechter als meinen Freunden oder Bekannten, die haben auch ihre Probleme. Der Unterschied ist natürlich, dass ich nicht länger von meiner Depression kontrolliert werde.» Staudt genießt die aktive Teilhabe am Leben. Er kann endlich ohne Angst vor Panikattacken zwischenmenschliche Beziehungen pflegen. Seine Phantomschmerzen, die ihn seit dem Verlust seiner Beine quälen, erträgt er mittlerweile ohne Medikamente. «Ohne Schmerzmittel habe ich wesentlich mehr Energie. Ich habe versucht, sie zu akzeptieren, wie ich auch mein Brille akzeptiere. Sie gehören einfach dazu», macht er deutlich.

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