Von news.de-Redakteurin Fabienne Rzitki - Uhr

Chemotherapie: Cocktail gegen den Tumor

Eine Chemotherapie kann Leben retten, dennoch macht sie Betroffenen Angst. Denn: Die Behandlung hat es in sich. News.de erklärt, was eine Chemo ist, welche Nebenwirkungen auftauchen und weshalb sich niemand fürchten sollte.

Bei einer Chemotherapie werden verschiedene Medikamente verabreicht - meist intravenös. (Foto) Suche
Bei einer Chemotherapie werden verschiedene Medikamente verabreicht - meist intravenös. Bild: dpa

Was versteht man unter einer Chemotherapie?

Bei einer Chemotherapie werden verschiedene Medikamente (Zytostatika) verabreicht. Diese attackieren den Tumor, in dem sie die Zellteilung stoppen. Dadurch können KarzinomeKrebserkrankung und MetastasenAbsiedlungen eines bösartigen Tumors oder eines Infektionsherdes schrumpfen.

Wie funktioniert die Chemotherapie?

«Es gibt Substanzen, die auf verschiedenen Ebenen die Zellteilung angreifen», erklärt Professor Dr. Michael Thomas von der Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg. Einige dieser Zytostatika bremsen die DNA-Teilung, sie verhindern dadurch das «Kopieren» neuer Zellen. Andere Medikamente greifen direkt in den Stoffwechsel der Zelle ein. Je besser dieser funktioniert, desto besser schlägt die Chemotherapie an.

Je nach Befund kann ein Zytostatikum alleine oder in Kombination mit anderen Wirkstoffen verabreicht werden. Die Wahl des Kombinationspartners hängt dem Experten zufolge von der Art des Tumors ab.

Welche Nebenwirkungen hat eine Chemotherapie?

Es ist unmöglich, Zytostatika allein auf den Tumor zu programmieren. Die Chemo wirkt systemisch, die Wirkstoffe können somit an jede Stelle des Körpers gelangen und jede Zelle erreichen. Vor allem attackieren sie schnell wachsende Zellen. «Natürlich ist es so, dass sie vorwiegend den Tumor schädigen - aber nicht nur», erklärt der Professor. Betroffen ist vor allem das Knochenmark, da es sich permanent erneuert. Infolgedessen wird die Blutbildung beeinflusst. «Nach zirka zehn Tagen erreichen die weißen Blutkörperchen sehr niedrige Werte», so Thomas. Zytostakika wirken außerdem auf die Darmschleimhaut sowie die Haarepithelzellen. Durchfall und Haarausfall sind die Folgen. Die Behandlung kann zudem Schwächeanfälle, Übelkeit und Erbrechen auslösen.

Wie wird die Chemotherapie verabreicht?

In der Regel werden die Medikamente bei Lungenkrebs über die Vene gegeben. Das kann ambulant (onkologische Praxis oder Klinikambulanz) oder stationär im Krankenhaus erfolgen. «Es gibt auch Medikamente in Kapselform, damit die Wirkstoffe direkt vom Darm aufgenommen werden», sagt Thomas.

Wie lange und wie oft wird eine Chemotherapie bei Lungenkrebs verabreicht?

Die Chemo kann einen Tag, manchmal drei oder fünf Tage dauern und wird dem Professor zufolge alle drei bis vier Wochen wiederholt. «Wir sprechen von Zyklen.» Die Krebspatienten erhalten demnach mehrere Behandlungsrunden. In dieser Zeit erholt sich das Knochenmark und damit verbessern sich auch die Blutwerte. «Es gibt den nächsten Therapiezyklus mit dem gleichen Medikamentencocktail», so der Lungenspezialist.

Wonach richtet sich die Dauer der Chemo?

Wie oft die Chemo verabreicht und welche Mittel eingesetzt werden, richtet sich nach Erfahrungswerten aus Studien. «Die besten Ergebnisse in Bezug auf Lungenkrebs liefert eine Therapie mit vier bis sechs Zyklen.»

Was muss bei der Chemotherapie alles beachtet werden?

«Der Blick auf die Art des Tumors ist die eine Seite. Gleichermaßen wichtig ist der körperliche Zustand des Patienten und seine Begleiterkrankungen», sagt Thomas und fügt an: «Ein individuell abgestimmter Behandlungsplan ist die Kunst des Onkologen». Wichtig dabei sei auch das soziale Umfeld der Patienten zu berücksichtigen - vor allem bei älteren Menschen. «Der Arzt muss wissen, wer sich um die Betroffenen kümmert, sie versorgt und die Betreuung gewährleistet.»

Welche Behandlungspläne gibt es?

«Hat ein Tumor nicht gestreut und kann operiert werden, dann ist die Chemotherapie der erste Schritt, der angestrebt werden sollte», erklärt der Facharzt. Ob sie der Patient vor oder nach der Operation bekommt, würde Studien zufolge keinen wesentlichen Unterschied machen. «Wichtig ist, dass sie gegeben wird, denn das kann die Lebenserwartung erhöhen.» Thomas zufolge steigen die Überlebenschancen auf 65 Prozent. Anders ausgedrückt: Im frühen Stadium eines nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms liegt die Überlebensrate (5 Jahre) bei 60 bis 65 Prozent.

Bei lokal weit fortgeschrittenen Tumoren, die noch operiert werden können oder bei Lymphknotenmetastasen, werde die neoadjuvante Gabe – die Chemo vor der OP - eher favorisiert. «Dadurch hofft man, den Tumor zu verkleinern und ihn besser entfernen zu können», so Thomas. Dem Experten zufolge habe sich die adjuvante Chemotherapie - also nach der OP - als Leitlinie herauskristallisiert. 

Wie verträglich ist die Chemotherapie?

«Vor einer Chemotherapie muss niemand Angst haben», beruhigt Professor Thomas. Man könne sie heute gut verträglich gestalten. «Und zwar über Begleitmedikamente der sogenannten SupportivtherapieGegen Begleiterkrankungen der Chemotherapie stehen Therapiemöglichkeiten (Supportivtherapien: supportiv = begleitend) zur Verfügung.

Dieser Artikel entstand unter Beratung von Professor Dr. Michael Thomas von der Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg.

sgo/news.de